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Goldener Bär für queeren Liebesfilm „Drømmer“

Bei der diesjährigen Berlinale gingen die Preise an acht verschiedene Filme. Hier die Werke im Überblick.
Dag Johan Haugerud präsentiert seinen goldenen Bären
Foto: IMAGO/Julie Edwards / Avalon (www.imago-images.de) | Gewinnertyp: Regisseur Dag Johan Haugerud konnte die Jury mit seinem queeren coming-of-age-Drama „Drømmer“ (Träume) ü erzeugen.

Die siebenköpfige internationale Jury unter Vorsitz des US-Regisseurs Todd Haynes, zu der auch die deutsche Schauspielerin und Regisseurin Maria Schrader gehörte, verlieh die höchste Auszeichnung des Festivals, den Goldenen Bären, an den norwegischen Film „Drømmer“ („Dreams“) von Dag Johan Haugerud. Der Film erzählt die Geschichte der 17-jährigen Schülerin Johanne, die sich in ihre Lehrerin Johanna verliebt. Johanna erwidert ihre Gefühle jedoch nicht. Ihre unerfüllte Liebe verarbeitet Johanne in einem Roman, zu dem sie von ihrer Mutter und Großmutter ermutigt wird, und in dem offenkundig die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Ein wesentlicher Schwachpunkt des Films ist jedoch der übermäßige Einsatz der Off-Stimme: Johanne liest offenbar aus dem fertigen Roman. Dies verdeutlicht eher die Schwierigkeit des Regisseurs, eine literarische Erzählung in filmische Bilder und eine eigenständige Filmsprache zu übersetzen. 

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Der zweite Preis, der „Silberne Bär Große Preis der Jury“, ging an „O último azul“ („The Blue Trail“) des brasilianischen Regisseurs Gabriel Mascaro, der in einer dystopischen Zukunftsvision angesiedelt ist. In dieser nahen Zukunft Brasiliens sollen alte Menschen in eine „Altenkolonie“ abgeschoben werden. Doch eine Frau weigert sich, und flüchtet in den Amazonas. Der Film, der als Liebling der Kritiker galt, nicht zuletzt auch wegen des heiteren, ja teilweise lustigen Tons, kann auch als eine Allegorie auf die „Ausgestoßenen“, auf die „Wegwerf-Kultur“ verstanden werden, von der Papst Franziskus spricht. Auch deshalb erhielt der Film den Preis der ökumenischen Jury. Ausgezeichnet wurde „O último azul“ ebenfalls von der Leserjury der Berliner Morgenpost.

Von Argentinien über China nach Rumänien

Der argentinische Film „El mensaje“ („Die Nachricht“) von Iván Fund wurde mit dem dritten Preis, dem „Silbernen Bären Preis der Jury“ ausgezeichnet. In Schwarz-Weiß gedreht und mit halbdokumentarischer Anmutung erzählt der Film von einem etwa zehnjährigen Mädchen, das die Gabe der Tierkommunikation besitzt. Gemeinsam mit ihren Großeltern reist sie durchs Land, während ihre Mutter in einer psychiatrischen Einrichtung lebt. Als Road-Movie folgt „El mensaje“ keiner klassischen dramaturgischen Struktur, setzt jedoch auf magisch-realistische Elemente.

Den Silbernen Bären für die beste Regie erhielt Huo Meng für „Sheng xi zhi di" („Living the Land“). Angesiedelt im ländlichen China im Jahr 1991 schildert der Film in epischen und schönen Landschaftsbildern den tiefgreifenden sozioökonomischen Wandel, den das Land durchlebt, sowie die Auswirkungen auf einzelne Familien. Er zeigt, wie der technologische Fortschritt das Leben der Bauern nachhaltig verändert und sie vor die Entscheidung stellt, ob sie auf dem Land bleiben oder in die Städte ziehen sollen. Aus der Perspektive des zehnjährigen Chuang entfaltet sich eine Familiensaga über vier Generationen.

Als Bestes Drehbuch wurde das von Radu Jude für seinen Film „Kontinental ‘25“ ausgezeichnet, der in der südrumänischen Stadt Cluj spielt. Dort wird das Leben einer Gerichtsvollzieherin durch ein folgenschweres Ereignis erschüttert. Von Gewissensbissen und moralischen Zweifeln geplagt, hinterfragt sie ihre bisherigen Prinzipien und ihren Lebensweg. Je tiefer sie sich mit den Konsequenzen ihres Handelns auseinandersetzt, desto deutlicher erkennt sie den Widerspruch zwischen menschlicher Empathie und starren Vorschriften. Jude versteht seinen Film als Hommage an Roberto Rossellinis „Europa ‘51“ und setzt auf improvisierte Szenen sowie eine teilweise unscharfe Kamera als Stilmittel.

Unerwartete Auszeichnung für Nebendarsteller

Rose Byrne wurde als beste Hauptdarstellerin für ihre Leistung in „If I Had Legs I'd Kick You“ von Mary Bronstein ausgezeichnet. Der Film ist ganz auf seine Hauptdarstellerin zugeschnitten: Byrne verkörpert eine Mutter, die mit zahlreichen Problemen zu kämpfen hat. Als sich in ihrem Haus ein riesiges Loch auftut, zieht sie mit ihrer kranken Tochter in ein Motel. Die Auszeichnung für Byrne war wenig überraschend.

Unerwartet fiel jedoch die Entscheidung für den Silbernen Bären in der Kategorie „Beste schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle“. Andrew Scott wurde für seine Darstellung in Richard Linklaters „Blue Moon“ ausgezeichnet. Das in Echtzeit erzählte Kammerspiel spielt am Abend des 31. März 1943 in New York während der Premiere des Musicals „Oklahoma!“. Doch nicht Scott, sondern Ethan Hawke als Songwriter Lorenz Hart, dessen Darstellung herausragte, wurde von vielen als Favorit gesehen.

Der „Silberne Bär für eine herausragende künstlerische Leistung“ ging an das kreative Ensemble des französischen Beitrags „La tour de glace“ von Lucile Hadžihalilović. Die Jury honorierte das Zusammenspiel von Kamera, Produktionsdesign und Kostümen. Der Film spielt mit dem Motiv des „Films im Film“ sowie dem Zusammenspiel von Realität und Imagination, setzt dies jedoch nur bedingt überzeugend um.

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