Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Keine Zeit zu sterben

„Die Gott spielen wollen, werden von der Geschichte verachtet“

Der letzte Bond-Film mit Daniel Craig dreht sich um ein aktuelles Thema in der Handlung. Aber diese ist bei Bond eigentlich nicht so wichtig.
James Bond: "Keine Zeit zu sterben"
Foto: Nicola Dove | Der alte und der neue 007-Agent: Als James Bond (Daniel Craig) aus dem Ruhestand reaktiviert wird, muss er feststellen, dass seine legendäre „007“-Agentennummer wieder vergeben wurde – an eine Frau namens Nomi ...

Es werde immer schwerer, zwischen Schurken und Helden zu unterscheiden. Der Satz, den in „Keine Zeit zu sterben“ CIA-Agent Felix Leiter (Jeffrey Wright) spricht, gilt nicht nur für den aktuellen 007-Film – dies ist so etwas wie ein Markenzeichen zeitgenössischer Actionfilme geworden. Dementsprechend wichtig wird die Frage des Vertrauens. Wem kann James Bond (Daniel Craig) nun vertrauen? Etwa Madeleine Swann (Léa Seydoux), mit der er ein Liebesverhältnis unterhält, und die in ihrer Muttersprache „je t’aime“ zu ihm sagt? Klar, Felix kann er immer vertrauen, aber etwa auch Logan Ash (Billy Magnussen), den die Regierung Felix zur Seite gestellt hat? Oder Paloma (Ana de Armas), die auf Kuba James Bond helfen soll, den Wissenschaftler Valdo (David Dencik) zu finden?

Die Welt hat sich verändert - Bonds Welt auch?

Valdo hatte in einem britischen Geheimlabor eine Biowaffe entwickelt. Mit seiner Entführung durch die Geheimorganisation „Spectre“ – die auch in anderen Bond-Filmen eine Rolle spielt – droht die mit Nanobots ausgestattete Biowaffe zu einer Katastrophe zu führen. Denn dahinter steckt ein Bösewicht namens Safin (Rami Malek), der sie als Massenvernichtungswaffe einsetzen will. Deshalb hat sein alter Freund Felix James Bond aus seinem Ruhestand aus Jamaika geholt.  

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Die Welt habe sich verändert, heißt es ebenfalls im Film. Bond will es nicht wahrhaben, denn seine Welt verändere sich nicht – ein Hinweis für Bond-Fans, die seit 60 Jahren in den James-Bond-Filmen immer wieder die gleichen Ingredienzen serviert bekommen: ein Held, der alles überlebt – wobei seit 15 Jahren, als Daniel Craig in „Casino Royale“ (2006) erstmals die Hauptrolle übernahm, James Bond auch die eine oder andere Schramme abbekommen kann –, Bösewichte, die reihenweise von ihm zur Strecke gebracht werden, viel Action, und das alles garniert mit exotischen Landschaften und schönen Frauen.

Doch diesmal ist es anders. In „Keine Zeit zu sterben“ muss James Bond einsehen, dass sich einiges verändert hat. Da er in den Ruhestand versetzt wurde, muss er nicht nur ein Besucherschild in der MI6-Zentrale tragen. Auch am Eingang wird er nach seinen Namen gefragt, wodurch er den legendären Spruch „mein Name ist Bond, James Bond“ sagen muss – wieder so ein Augenzwinkern gegenüber seinen Fans, wie die Bestellung „Wodka Martini: geschüttelt, nicht gerührt“ an der Theke in Santiago de Cuba. Immerhin gilt immer noch: „Die Gott spielen wollen, werden von der Geschichte verachtet“.

Ein anderes Verhältnis zu den Frauen

Für Bond kommt es jedoch noch schlimmer: Sogar seine legendäre 007-Agentennummer ist neu vergeben worden. Sie trägt nun Nomi (Lashana Lynch) – das Verhältnis zwischen dem alten und dem neuen „007“ bleibt ambivalent. Überhaupt: Das Verhältnis des Frauenhelden zu den Frauen hatte sich bereits in den letzten Bond-Filmen grundlegend geändert. Den Namen „Bond-Girl“ – der sich in den früheren Filmen etabliert hatte – würden Nomi oder Paloma ganz sicher empört von sich weisen. Denn sie sind ihm ebenbürtig – nicht nur im Kämpfen.

Schon in „Casino Royale“ hatte sich James Bond richtig verliebt, in die Doppelagentin Vesper Lynd. In „Keine Zeit zu sterben“ besucht er ihr Grab im süditalienischen Matera, um einen Schlussstrich zu machen, ehe er die Beziehung zu Madeleine richtig angehen kann. Denn auch das ist der neue James-Bond-Film: ein Liebesmelodram. Das Drehbuch stammt nicht nur von Regisseur Cary Joji Fukunaga sowie von Neal Purvis und Robert Wade, sondern auch von der Regisseurin und Schauspielerin Phoebe Waller-Bridge. Dem Vernehmen nach hat Waller-Bridge für eine größere Gleichberechtigung im Film gesorgt.

Wie bereits angekündigt, soll „Keine Zeit zu sterben“, der wegen der Pandemie etwa anderthalb Jahre nach dem ursprünglichen Startdatum im Kino gerade gestartet ist, der letzte Bond-Film mit Daniel Craig in der Hauptrolle sein. Ob der Einschnitt in der Bond-Welt jedoch noch größer sein wird, mag sich manch ein Zuschauer nun fragen.

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