So schreibt Hayer in seiner Kolumne „Hayers Horizonte“: „Seit #Metoo kommen beinah täglich Beschuldigungen gegen prominente Männer wegen sexueller Übergriffe auf, deren Lebenswerk dadurch, unabhängig von einer intensiven Beweisprüfung, oft zerstört wird. Kevin Spacey, Plácido Domingo, Gerard Depardieu etc. Keine Frage: Wer sexuelle Gewalt erfuhr, dem oder der muss Gerechtigkeit widerfahren. Doch in dem neu entfachten Krieg der Geschlechter scheint sich der Eindruck aufzudrängen, die Bezichtigung werde auch als Waffe mit maximaler Schlagkraft eingesetzt.“
Grenzen überschritten
Und weiter: „Im aktuellen Fall des Rammstein-Sängers Till Lindemann scheinen die Dinge hingegen anders zu liegen, zumal sich die Anschuldigungen gegen ihn durch mehrere Zeugenaussagen verdichten. Die Causa: Er soll ein ganzes System errichtet haben, in dem Frauen für die Pre- und Aftershow von Konzerten ‚gecastet‘ worden sind ¬¬¬– für sexuelle Begegnungen. Man fragt sich zwar, warum die teils gar nicht aus dem Fan-Kreis Angeworbenen überhaupt der Einladung folgen. Zumal es ja auf der Hand liegt, dass man sich in der Stimmung vor und nach dem wilden Auftritt nicht bloß zum Kaffeeklatsch verabredet. Aber spätestens wenn, wie behauptet wird, auch noch Drogen im Spiel seien, die die Opfer gefügig machen sollten, ist die Grenze von der moralischen Bedenklichkeit zum Verbrechen überschritten.“
Björn Hayer kommt zu dem Fazit: „Erneut offenbart sich, dass Machtgefälle den Nährboden für Missbrauch bieten.“ Manche (scheußliche) Verse des Sängers würden dazu wie ein Geständnis klingen. DT/mee
Der Kulturjournalist Björn Hayer betrachtet die Diskussion um den Rammstein-Sänger Till Lindemann. Lesen Sie den ganzen Text in der Ausgabe der „Tagespost“ vom 9. Juni.