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Verratene Freiheit - Kants Autonomiebegriff

Engelbert Recktenwald FSSP verteidigt Kants Philosophie gegenüber Saskia Wendels Buch „In Freiheit glauben“.
Statue Immanuel Kant
Foto: IMAGO/rook (www.imago-images.de) | Die Theologin Saskia Wendel unterstellt der Kantschen Freiheit den „epistemologischen Modus ,Als ob‘“, womit die Freiheitslehre ad absurdum geführt wäre, eben weil es hier nicht um Gegenstandserkenntnis geht.

Die Gedanken Immanuel Kants scheinen nach über 200 Jahren Forschung immer noch nicht allgemein verständlich zu sein. Das zeigt ein Buch der Theologin Saskia Wendel („In Freiheit glauben“, Regensburg 2020), deren Anliegen den Kurs des Synodalen Weges prägt. Nämlich, dass die Kirche endlich in der Moderne ankomme, die wesentlich vom Gedanken der „Autonomie“ bestimmt sei. Hiermit aber kommt bei Wendel Kant ins Spiel, der entscheidend zur Klärung des Begriffs der Autonomie beigetragen hat. 

Die Kantschen Grundlagen klargestellt

Pater Engelbert Recktenwald FSSP hat in einem Beitrag Kritik an dem Ansatz Saskia Wendels geübt und dabei die Kantschen Grundlagen klargestellt. Wendel behauptet, dass es Freiheit in transzendentaler Perspektive gar nicht gebe, sie sei eine „transzendentale Illusion theoretischer Vernunft“. Wie Recktenwald richtig hervorhebt, konnte Kant in der „Kritik der reinen Vernunft“ noch gar nicht zu einer positiven Bestimmung von Freiheit kommen, weil es in diesem Buch primär um Gegenstandserkenntnis geht, also um den Gedanken objektiver Gültigkeit von Aussagen über Wirkliches.

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Einen positiven Freiheitsbegriff bietet erst die „Kritik der praktischen Vernunft“, denn das Moralgesetz sichere nach Kant nicht nur die Realität der Freiheit, sondern auch die der reinen praktischen Vernunft, wie es bei Kant heißt: „Die objektive Realität eines reinen Willens oder, welches einerlei ist, einer reinen praktischen Vernunft ist im moralischen Gesetze a priori gleichsam durch ein Factum gegeben.“

Empirische Kantinterpretation ist abwegig

Wendel dagegen unterstellt der Kantschen Freiheit den „epistemologischen Modus ,Als ob‘“, womit die Freiheitslehre ad absurdum geführt wäre, eben weil es hier nicht um Gegenstandserkenntnis geht: Freiheit ist kein Gegenstand. Recktenwald macht klar, dass eine empirische oder auch ontologische Kantinterpretation gänzlich abwegig ist. Wendel versucht beides, und weil Freiheit keine Substanz im ontologischen Sinne sei, müsse sie irrational sein.

Solche Missverständnisse dienen letztlich dazu, sich von Normen wie den Kantschen Vernunftnormen sowie von religiösen Überzeugungen für frei zu erklären. „Jeder soll selbst bestimmen, was für ihn wahr und gut ist“, wie Recktenwald kritisch formuliert. Im Hinblick auf den „Synodalen Weg“ sei das die „Abschaffung der Autorität Gottes und der Verbindlichkeit der Offenbarung.“  DT/ari

Lesen Sie die ausführliche Kritik des Buches "In Freiheit glauben" in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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