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Christentum vor allem kulturelles Erbe

Immer weniger Österreicher praktizieren ihren Glauben. Sie wollen aber weiterhin Kreuze in Klassenzimmern sehen und christliche Feste gefeiert wissen.
Pressekonferenz mit Claudia Plakolm und Johannes Klotz
Foto: IMAGO/Michael Indra (www.imago-images.de) | Wie steht's um die christlichen Werte? Dazu hatten heute Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) und Wissenschaftler Johannes Klotz etwas zu sagen.

Der aktive Kirchenbesuch geht in Österreich immer weiter zurück, gleichzeitig hält eine Mehrheit an der Sichtbarkeit des christlichen Erbes fest. Das bestätigt eine am Dienstag in Wien präsentierte Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts OGM unter mehr als 1000 Befragten mit und ohne Migrationshintergrund, die für die Wohnbevölkerung ab 16 Jahren repräsentativ sein soll. Sie zeigt ein klares Bekenntnis dazu, dass Religion und Glaube Privatsache sein sollen, dass in den Gotteshäusern gepredigt werden solle, aber nicht in der Öffentlichkeit, und dass die staatlichen Gesetze über den religiösen Geboten stünden.

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OGM-Forscher Johannes Klotz meinte bei der Präsentation im Bundeskanzleramt in Wien hierzu: „Es gibt ein klares Bekenntnis zum Christentum als kulturelles Erbe.“ Weihnachten, Nikolaus und die Taufe der Kinder seien der Mehrheit der Befragten nach wie vor sehr wichtig. So gaben 79 Prozent der Befragten an, dass es ihnen wichtig ist, dass Ostern, Nikolaus und St. Martin in den österreichischen Schulen und Kindergärten auch dann gefeiert werden, wenn die Mehrheit der Kinder gar keine Christen sind. Eine klare Mehrheit von 69 Prozent will, dass das Kreuz im Klassenzimmer aufgehängt bleibt, auch wenn die Mehrheit der Schüler keine Christen sind. Auch Personen, die selbst ohne religiöses Bekenntnis sind oder zumindest keine praktizierenden Christen, stimmen hier mehrheitlich zu. Klotz bilanzierte: „Der aktive Glaube spielt eine geringe Rolle in diesem Land, aber religiös konnotierte christliche Symbole sind ein ganz wichtiges kulturelles Erbe. Wir haben keinen Laizismus wie in Frankreich – weder rechtlich noch im Hinblick auf das, was die Bevölkerung möchte.“

Die Mütter vermitteln Werte

Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) sieht Werte als „Grundsätze unseres Zusammenlebens“. Die Österreicher wollen nach ihrer Deutung, „dass unsere Gesetze über den religiösen Regeln stehen“. Das Kreuz im Klassenzimmer und die christlichen Feste gehörten zur Identität des Landes. Plakolm weiter: „Integration ist kein Angebot, sondern eine Verpflichtung.“ Es werde deshalb künftig Kürzungen bei den Sozialleistungen geben, wenn jemand die vorgeschriebenen Wertekurse nicht besucht oder nicht Deutsch lernt. Das Erlernen der deutschen Sprache sei im öffentlichen Raum, etwa am Arbeitsplatz, in Schulen und Kindergärten, eine Voraussetzung für Integration.

OGM-Studienautor Johannes Klotz sieht Ehe und Partnerschaft weiterhin „hoch im Kurs“. An zweiter Stelle komme im Wertegefüge der österreichischen Wohnbevölkerung „ein selbstbestimmtes Leben“, gefolgt von Sicherheit und einem guten Einkommen. Umgangsformen und Höflichkeitsgesten seien für zwei Drittel wichtig, ebenso Leistungsbereitschaft und Arbeitsmoral. Werte werden laut der aktuellen OGM-Studie vor allem von Müttern vermittelt. Das Elternhaus bleibe der zentrale Werte-Vermittlungskanal, erst dann folgten das Bildungssystem und die Medien. Sehr gute Vertrauenswerte genießen laut OGM die Polizei, die Justiz und das Bildungssystem. Kirchen und Parteien erlitten dagegen einen Vertrauensverlust. Österreichs Gesellschaft werde toleranter im privaten Raum, doch im Gegenzug steige das Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum. (DT/sba)

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