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Das Ahrtal zwischen Hoffnung und Zermürbung

Die Folgen der Flut im Ahrtal sind noch immer zu spüren. Seit Menschengedenken gab es eine solche Katastrophe dort nicht. Doch bei jeder Flut sind die Zerstörungen verheerend.
Flutopfer im Ahrtal
Foto: Thomas Frey (dpa) | Nichts mehr ist normal seit die große Flutwelle das Ahrtal erfasst hat.

In einer einfühlsamen Reportage schildert die Autorin Monika Metternich den aktuellen Stand der Aufräumarbeiten im Ahrtal – nach dem Hochwasser im Sommer:

Grauer Nebel hängt über dem Ahrtal. „Normal“, sagt man hier. Dezemberwetter im Rheinland, wo es nur selten schneit. Aber normal ist nichts mehr, seit die gewaltige Flutwelle im Juli das gesamte Tal erfasste und alles mitriss, was ihr im Wege stand. Die kleine Ahr, die „normal“ höchstens achtzig Zentimeter hohes Wasser führt, schwoll an zu einem weit über sieben Meter hohen Monster, das Tod und Zerstörung bringend bis zu einem halben Kilometer rechts und links ihres Betts Landschaft, Dörfer und Städte in einer Weise verwüstete, von der die Alten sagen, so etwas habe es „seit Menschengedenken“ nicht gegeben.

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Seit Menschengedenken

Nun währt das Menschengedenken meist nur so lange, wie ein Mensch lebt. In der Tat müsste ein Ahrtaler 111 Jahre alt sein, um sich an die letzte Flut am 13. Juni 1910 zu erinnern, die mit ähnlicher Brutalität über das Ahrtal herfiel, unfassbare Zerstörung anrichtete und zahlreiche Menschenleben kostete. Auch damals konnte man sich, so steht es in archivierten Dokumenten, „seit Menschengedenken“ nicht an eine solche Flut erinnern, weil die letzte Flut im Juli 1804 auch bereits mehr als ein Menschengedenken entfernt war: obwohl auch diese nahezu alle Brücken im Ahrtal hinweggefegt und nur Trümmer sowie eine große Zahl von Toten zurückgelassen hatte. Die zugrundeliegenden geologischen Gegebenheiten des Ahrtals in Kombination mit extremem Regen haben nichts mit dem vielzitierten Klimawandel zu tun. Allerdings steht zu befürchten, dass sich durch eine künftige Häufung von Starkregenereignissen die Gefahr erhöht, dass das Menschengedenken bald nicht mehr zu lang sein dürfte, um sich der Grauen der letzten Flut zu erinnern.

142 Tote wurden nach der Flutwelle im Juli 2021 im Ahrtal gezählt, darunter eine junge Feuerwehrfrau. Zwei Menschen werden bis heute noch vermisst. Bei acht der Toten hieß es behördlicherseits diskret, sie seien „schon vor der Flut verstorben“. Die aufgewühlten, völlig zerstörten Friedhöfe entlang der Ahr kündeten vom Unaussprechlichen. Die Zerstörung war und ist namenlos. Ein Drittel der Bewohner des Ahrtals hat alles verloren.  DT/mee

Monika Metternich über die Folgen des Hochwassers im Ahrtal. Lesen Sie den ganzen Text in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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