Der emeritierte Erzbischof von Mecheln-Brüssel, André Léonard, unterstützt die Bitte des afrikanischen Kurienkardinals Robert Sarah an Papst Franziskus, die priesterliche Ehelosigkeit nicht zu lockern. „Unsere Hoffnung, Gehör zu finden, ist groß“, schreibt Léonard in einem Beitrag für das französische Portal „hommenouveau.fr“. Darin beruft er sich auf Papst Franziskus selbst, der bereits im vergangenen Jahr offen geäußert hatte, am Zölibat festhalten zu wollen. Der Papst habe aber dennoch auch Ausnahmen in Aussicht gestellt, „die leider, wie auch in manch anderen Bereichen, schnell zur Regel werden“.
Sarahs Appell von "drängender Aktualität"
Der Appell an Franziskus, den Sarah in seinem jüngst in Frankreich erschienen Buch „Des profondeurs de nos coeurs“ („Aus den Tiefen unserer Herzen“), geäußert hat, sei von „drängender Aktualität“ und „völlig legitim“. Zwar dürfe man nie den Papst attackieren, sondern müsse stets seine Person respektieren. „Aber es ist manchmal erforderlich und stets erlaubt, ihn inständig um etwas zu bitten und Klarstellungen zu fordern“, schreibt der emeritierte Brüsseler Erzbischof.
Sarahs Buchs, aus dem Vorab Auszüge von der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ veröffentlicht worden waren, hatte eine intensive Diskussion ausgelöst. Zunächst war der emeritierte Papst Benedikt XVI., der einen ausführlichen Text mit dem Titel „Das katholische Priestertum“ zum dem Buch beisteuerte, als Co-Autor genannt. Das Eintreten von Benedikt XVI. für die Beibehaltung des priesterlichen Zölibats war jedoch als Affront gegen den jetzigen Amtsinhaber Papst Franziskus gedeutet worden. Am Dienstag ließ Benedikt dann klarstellen, dass er nicht Co-Autor des viel diskutierten Buches sei.
Benedikts Positionierung "von sehr großem Gewicht"
Der emeritierte Erzbischof Léonard nahm in seinem Beitrag auch zur Diskussion um die Wortmeldung Benedikts Stellung. Auch ein emeritierter Papst könne in Abstimmung mit einem Kardinal seine theologischen und pastoralen Überzeugungen äußern, etwa in Form eines Buchbeitrags, wie es Benedikt XVI. getan habe. Damit verstoße er nicht gegen seine Pflicht, sich in aktuellen kirchlichen Debatten zurückzuhalten. „Seine Positionierung hat keine lehramtliche Autorität, aber seine Wortmeldung ist dennoch von sehr großem Gewicht“, so Léonard.
Den Vorwurf, der Beitrag Benedikts sei ein Angriff gegen Papst Franziskus, weist Léonard zurück. Der Emeritus kritisiere seinen Nachfolger mit der Veröffentlichung des Textes nicht. Zusammen mit Kardinal Sarah richte er vielmehr eine „inständige Bitte“ an Franziskus, ohne Zweifel an seinem Gehorsam gegenüber dem amtierenden Papst aufkommen zu lassen.
DT/mlu
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