Die nicht unerwartete Nachricht vom Heimgang des Herrn Domkapellmeisters Georg Ratzinger erfüllt mich mit Dankbarkeit und Trauer. Ich habe ihm unendlich viel zu verdanken. Die Zeit, die ich mit ihm an der Erstellung unseres gemeinsamen Weltbestsellers „Mein Bruder, der Papst“ verbrachte, war die schönste und segensreichste meines Lebens. Ich durfte eintauchen in die Welt und das Leben eines Mannes, dessen Herzensgüte, Bescheidenheit und tiefe Verankerung in unserem katholischen Glauben mich bei jeder Begegnung neu beeindruckten. Er war ein Mann, dessen Größe sich stets hinter seiner Demut verbarg.
Viele waren ihm verbunden
Wir blieben verbunden, ich traf ihn regelmäßig, bis die Corona-Pandemie unser aller Leben veränderte. Immer wieder erlebte ich, wie vielen es ähnlich ergangen ist. Ich traf dutzende Menschen, deren Leben er verändert, bereichert, inspiriert hatte und die ihm bis zuletzt in treuer Freundschaft verbunden waren, ihm, der in den letzten Jahren nahezu blind war, vorlasen oder bei der Erledigung seiner Korrespondenz halfen. Meist waren es ehemalige Domspatzen, die an ihrem „Cheef“ hingen, aber auch große Künstler, die seinen Rat suchten und sein musikalisches Genie schätzten, ebenso wie seine Gastfreundschaft und seinen wachen, spitzbübischen, urbayerischen Humor. Wenn man einen Menschen danach beurteilt, was er hinterlassen und wie viel er in seinem Leben gegeben hat, dann ist ihm ein Platz im Himmel gewiss.
Leidenschaft für die Musik
Selbst engste Vertraute nannten ihn bis zuletzt liebevoll „Domkapellmeister“, weil es genau das ist, was er war. Dieser Titel spiegelt sein ganzes Wesen wider: Seine Liebe zum Herrn (Dominus) und seiner Kirche (Domus domini), seine Leidenschaft für die Musik, die Sprache der Engel, und sein großes, meisterhaftes Können. Als kleiner Junge in Tittmoning hatte er diesen Traum, eines Tages Domkapellmeister zu werden und das war er dann auch, ein Leben lang und für immer in unseren Erinnerungen. Sein liebster Choral war der 91. Psalm, im achtstimmigen Satz von Felix Mendelssohn Bartholdy: "Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen."
Jetzt wird er mit den Engeln in den himmlischen Chören singen. Vergelt’s Gott für ein wahrhaft großes Leben, aber auch für Ihre tiefe Menschlichkeit und Ihre Glaubensfreude, lieber Herr Domkapellmeister!
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