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Orthodoxer Theologe kritisiert Patriarch Kyrill

Professor Ioan Moga verweist auf orthodoxe Verurteilungen von Kriegen aus Nationalismus und zur Veränderung von Staatsgrenzen.
Patriarch Kyrill  erntet scharfe Kritik für seine Kriegspropaganda
Foto: Ivan Sekretarev (AP) | Das Moskauer Patriarchat erntet scharfe Kritik für seine Kriegspropaganda. Auch der orthodoxe Theologe Ioan Moga kritisiert Kyrill.

Der Moskauer Patriarch Kyrill kann sich bei seiner Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs nicht auf eine allgemeingültige orthodoxe Lehre berufen. Das bestätigt der in Wien lehrende rumänisch-orthodoxe Theologe Ioan Moga. Die Orthodoxie kenne keine Lehre von einem gerechten oder gar heiligen Krieg. Krieg werde in der orthodoxen Tradition vielmehr stets als etwas Böses angesehen, so Moga in einem Vortrag in Wien, zu dem die Stiftung Pro Oriente und die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) eingeladen hatten.

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Nicht gleichsetzen

Moga warnte davor, die Kirche mit den Kirchenleitungen gleichzusetzen. Auch in der russischen Kirche gebe es Geistliche und Gläubige, die den Krieg zutiefst ablehnen. Als zentral für den orthodoxen friedensethischen Ansatz betonte Moga die Rolle eines passiven Widerstands durch Spiritualität: In kommunistischer Zeit seien gerade Mystiker als Gefahr von den totalitären Regimen wahrgenommen und oft inhaftiert und verfolgt worden. Moga verwies zudem auf die von inzwischen rund 1.500 orthodoxen Theologinnen und Theologen unterzeichnete internationale Erklärung zur Lehre von der "Russischen Welt", in der schärfste Kritik am Moskauer Patriarchat und dessen Unterstützung für Wladimir Putins Krieg in der Ukraine geübt wird. 

Krieg verurteilt

Der Wiener rumänisch-orthodoxe Theologe zitierte in seinem Vortrag aus einer Reihe orthodoxer Dokumente, in denen der Krieg grundsätzlich verurteilt wird; so etwa in einer Botschaft der orthodoxen Kirchenoberhäupter in Betlehem (2000), aus dem Sozialwort des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel aus dem Jahr 2020 und dem Dokument "Die Sendung der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt", das bei der Panorthodoxen Synode auf Kreta 2016 verabschiedet wurde. Darin heißt es wörtlich: "Verurteilt werden auch Kriege, die aus Nationalismus entfacht werden und zu ethnischen Säuberungen, zur Änderung von Staatsgrenzen und zur Besetzung von Territorien führen." Genau das sei jetzt der Fall, so Moga. DT/KAP/sba

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