Münster

„Nein“ zu Homo-Segnungen: Prominente deutsche Theologen üben Kritik

Eine Arbeitsgruppe an der Universität Münster wirft der Glaubenskongregation nach deren „Nein“ zur Segnung homosexueller Paare mangelnde theologische Tiefe vor. Mehr als 200 Theologen unterzeichnen die Stellungnahme und distanzieren sich damit von der Position des Vatikan.
Homosexuelles Paar
Foto: Daniel Naupold (dpa) | Die römische Kongregation für die Glaubenslehre hatte am Montag vergangener Woche bekräftigt, dass die Kirche nicht die Vollmacht habe, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen.

Unter deutschen Theologen nimmt die Kritik am „Nein“ der vatikanischen Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare zu. In einer von einer Arbeitsgruppe an der Universität Münster erarbeitete Stellungnahme heißt es, dem von der Glaubenskongregation vor einer Woche veröffentlichten Schreiben mangele es an „theologischer Tiefe, an hermeneutischem Verständnis sowie an argumentativer Stringenz“. Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und nicht rezipiert würden, wie es in dem Dokument der Fall sei, untergrabe das Lehramt seine eigene Autorität.

Die Kritik: Homosexuelle werden diskriminiert

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Unterzeichnet ist die Stellungnahme von mehr als 200 Theologinnen und Theologen. Unter ihnen finden sich der Kirchenrechtler Thomas Schüller, der Kirchenhistoriker Hubert Wolf und die Dogmatikerin Dorothea Sattler, die alle eine Professur an der Universität Münster innehaben, aber auch die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop und der Tübinger Theologe Ulrich Hemel.

In ihrer Stellungnahme kritisieren die Theologen, das Schreiben der Glaubenskongregation sei geprägt von einem „paternalistischen Gestus der Überlegenheit“ und diskriminiere homosexuelle Menschen und ihre Lebensentwürfe. „Von dieser Position distanzieren wir uns entschieden“, heißt es wörtlich. Zudem gehe man davon aus, „dass das Leben und Lieben gleichgeschlechtlicher Paare vor Gott nicht weniger wert sind als das Leben und Lieben eines jeden anderen Paares“.

Segnungsfeiern für homosexuelle Paare gängige Praxis

Ausdrücklich würdigen die Unterzeichner die ihrer Schilderung zufolge in vielen Gemeinden gängigen Praktiken von Priestern, Diakonen und anderen Seelsorgern, homosexuell lebende Menschen anzuerkennen, „auch indem sie Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare anbieten und über angemessene liturgische Formen solcher Feiern reflektieren“.

Weitere Unterzeichner der Kritik am „Nein“ der Glaubenskongregation sind die Freiburger Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer, der Professor für Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie der Berliner Humboldt-Universität, Georg Essen, der Berliner Moraltheologe Andreas Lob-Hüdepohl und der Münsteraner Dogmatiker Michael Seewald. 

Die römische Kongregation für die Glaubenslehre hatte am Montag vergangener Woche bekräftigt, dass die Kirche nicht die Vollmacht habe, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen. Dies ging aus einem Antwortschreiben auf ein vorgelegtes „Dubium“, dem sogenannten Responsum, hervor.  DT/mlu

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