Die Vorgänge in der katholischen Kirche Deutschlands werden in Italien mit Interesse verfolgt — und kommentiert. Die überregionale italienische Tageszeitung „Il Messagero“ schrieb beispielsweise zu den Äußerungen zu Segensfeiern von Bischof Georg Bätzing, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK): „Die deutschen Bischöfe machen in Bezug auf die Segnung homosexueller Paare weiter wie bisher. Und das, obwohl Leo XIV. den Vorstößen in Bezug auf Segenfeiern gleichgeschlechtlicher Paare in Deutschland widersprochen hat.“ Und das Internetportal „Silere non possum“ („Ich kann nicht schweigen") erklärte, Bätzing habe vorgegeben, „nicht zu verstehen, dass Fiducia supplicans eine Sache ist und das, was sie tun möchten, eine andere“.
Bätzing hatte in einem Pressegespräch zu Beginn der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda erklärt, „in keinster Weise“ einen Gegensatz zu sehen zwischen römischen Vorgaben und dem deutschen Kurs. Die Handreichung für Segensfeiern sei sogar mit dem Vatikanischen Amt für die Glaubenslehre verfasst worden.
Widerspruch zur vatikanischen Erklärung „Fiducia supplicans“
Dies würde allerdings den jüngsten Aussagen des Papstes zu dem Thema widersprechen. Darauf wies auch „Silere non possum“ hin: In Rom werde bestritten, dass der Text mit dem Glaubensdikasterium erarbeitet worden sei. Leo XIV. hatte in einem Interview die in Deutschland eingeführten Rituale zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare als Widerspruch zur vatikanischen Erklärung „Fiducia supplicans“ scharf kritisiert und festgehalten: „Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, zumindest in naher Zukunft, dass sich die Lehre der Kirche in Bezug auf das, was sie über Sexualität und über die Ehe lehrt, ändern wird.“
Mehr als die Hälfte der 27 deutschen Bistümer wendet die Handreichung zumindest in Teilen an. Und dies widerspreche „Fiducia supplicans“, so Leo. Dieses Dokument besage, „dass wir natürlich alle Menschen segnen können“, es jedoch nicht darum gehen dürfe, nach Möglichkeiten zu suchen, irgendeine Art von Segen zu ritualisieren. Dies entspreche nicht der Lehre der Kirche, so Leos Worte. Er warnte vor der „Fixierung“ der westlichen Gesellschaften auf Sexualität.
Im Kontext von „Fiducia supplicans“ wies der Vatikan mehrfach darauf hin, dass nur spontane, informelle Segnungen durch Geistliche erlaubt seien. Wie „Il Messagero“ bemerkte, habe die deutsche Kirche dennoch „mit einem Achselzucken zu verstehen gegeben, dass sie kaum von ihrem eingeschlagenen Weg abweichen wird“.
„Ich lade eine Person ein, weil sie Sohn oder Tochter Gottes ist“
So will es auch die Initiative „Out in Church“, eine Initiative von queeren Menschen, die in der katholischen Kirche in Deutschland tätig sind. In einem Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur (KNA) sagte ein Sprecher, die Rede von der traditionellen Familie entspreche nicht der Realität des menschlichen Lebens. „Solange sich die katholische Sexuallehre nicht ändert, sind nicht-heterosexuelle Menschen oder Menschen, die sich nicht dem binären Geschlechtermuster anpassen, in dieser Kirche nicht willkommen.”
Auch dies steht im Widerspruch zu Aussagen des Papstes. Im genannten Interview stellte Leo XIV. klar: „Alle sind eingeladen, aber ich lade eine Person nicht deshalb ein, weil sie einer bestimmten Identität angehört oder nicht. Ich lade eine Person ein, weil sie Sohn oder Tochter Gottes ist.“ DT/dsc
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