Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Das Heilige Jahr in Rom

Die Kirche braucht die „Medizin“ des Ostens

Bei der Audienz für die Gläubigen der katholischen Ostkirchen zeigt sich Papst Leo XIV. als Bewunderer der orientalischen Spiritualität und Liturgie.
Papst Leo und der Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk
Foto: IMAGO/ABACA (www.imago-images.de) | Papst Leo XIV. beim Treffen mit Vertretern katholischer Ostkirchen, im Bild mit dem Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk.

Es war nach dem Empfang der Medienvertreter am Montag die zweite größere Audienz, zu der Leo XIV. heute eine begeisterte Menge in der voll besetzten Audienzhalle des Vatikans empfangen hat. Die katholischen Ostkirchen begehen seit Anfang der Woche ihr Jubiläum zum Heiligen Jahr in Rom, bereits in zahlreichen Kirchen und Basiliken der Stadt wurden seit dem Wochenende Gottesdienste in den unterschiedlichsten Riten der Orientalen gefeiert.

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Auch Äthiopier, Eriteer, Ägypter waren gekommen, zudem füllten Syrer und Libanesen die Kirchen während der Liturgien und jetzt die große Nervi-Halle. Am häufigsten aber war bei der Audienz die ukrainische Fahne zu sehen, trotz Krieg und Leid hatten es sich viele Ukrainer nicht nehmen lassen, ihren geistlichen Oberhäuptern nach Rom zu folgen. Die Bischöfe und Großerzbischöfe saßen in den ersten beiden Reihen. Papst Leo begrüßte alle mit „Der Friede sei mit euch“ und dem Ostergruß.

Legitime Vielfalt der Liturgie

„Ihr seid kostbar“, begann der Papst seine Ansprache. „Wenn ich euch anschaue, denke ich an die Vielfalt eurer Ursprünge, an die glorreiche Geschichte und an das bittere Leid, das viele Ihrer Gemeinschaften erlitten haben oder noch erleiden.“

Papst Leo, der vom Ostkirchen-Präfekten, Kardinal Claudio Gugerotti, begleitet wurde, zitierte gleich zu Beginn Leo XIII., der in dem Schreiben „Orientalium dignitas“ von 1894 eindringlich darauf bestanden hatte, dass die „legitime Vielfalt der Liturgie und die orientalische Disziplin“ zum geistlichen Reichtum und Nutzen der Kirche beitragen. Das damalige Anliegen seines Vorgängers, so Leo XIV. weiter, sei heute sehr aktuell, „weil in unseren Tagen so viele Brüder und Schwestern, Menschen aus dem Orient, darunter auch einige von Ihnen, aufgrund von Krieg und Terrorismus aus ihrer Heimat fliehen mussten. Wegen der Verfolgung, Unsicherheit und Armut laufen sie bei ihrer Ankunft im Westen Gefahr, nicht nur ihr Heimatland zu verlieren, sogar ihre eigene religiöse Identität“. Dann aber ginge ein Erbe verloren, das von unschätzbarem Wert für die Ostkirchen sei.

Den Sinn für das Mysterium wiederfinden

Es sei jedoch ein großer Beitrag, den der christliche Orient heute für die gesamte Kirche leisten könne, sagte der Papst weiter. „Wie sehr müssen wir den Sinn für das Mysterium wiederfinden, der in euren Liturgien so lebendig ist, ein Sinn, der die ganze menschliche Person einbezieht, die Schönheit des Heils besingt und über die Größe Gottes staunt, die die menschliche Kleinheit umarmt.“

Die orientalische Spiritualität sei eine „Medizin“, sie habe heilsamen Wert. Und wie wichtig sei es, so Leo weiter, diesen Sinn „auch im christlichen Abendland wiederzuentdecken, den Sinn für den Primat Gottes, den Wert der Mystagogie, der unaufhörlichen Fürbitte, der Buße, des Fastens, des Beweinens der eigenen Sünden und der Sünden der ganzen Welt gegen die Menschlichkeit, der so typisch für die östlichen Spiritualitäten ist“.

Der Papst bat die orientalischen Christen, ihre Traditionen nicht zu verwässern. In ihnen verschmelze „das Gespür für das Drama des menschlichen Elends mit der Ehrfurcht vor der göttlichen Barmherzigkeit, so dass unsere Begrenztheit nicht in die Verzweiflung führt. Eure Spiritualitäten laden vielmehr dazu ein, die Gnade zu erflehen, geheilte Geschöpfe zu sein und gottgleich in himmlische Höhen erhoben zu werden“.  DT/gho

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