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Unsere Welt wird eucharistisch transformiert

Auch in Chicago zeigt sich im Rahmen der eucharistischen Wallfahrt eine enorme Begeisterung für die Eucharistie – egal in welcher Pfarrei oder lokalen Gemeinschaft.
Mundelein, Norden von Chicago
Foto: Damina Chlanda | Knapp 2.000 Menschen kamen nach Mundelein im Norden der Stadt Chicago, wo sich auch das größte Priesterseminar des Landes befindet.

Die Erzdiözese Chicago ist das drittgrößte Bistum der Vereinigten Staaten. Mehr als zwei Millionen Katholiken leben hier, die Diözese hat momentan zehn Bischöfe und mit dem Mundelein Seminar stellt es auch das größte Priesterseminar des Landes. Nur Los Angeles und New York City sind nach der Zahl der Gläubigen noch größere Bistümer. Und gerade in die Windy City, die “windige Stadt”, zog es uns am Ende der sechsten Woche unserer Eucharistischen Wallfahrt.

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In einer Großstadt wie Chicago war die Diversität der katholischen Kirche – oder besser gesagt, ihre Katholizität – aufs Radikalste zu spüren. Die Erzdiözese und ihr Erzbischof Kardinal Blase Cupich hatten sich eine Alternative für unsere Wallfahrt überlegt, die wohl ebendiese Vielfältigkeit noch deutlicher hervorstechen ließ. Statt durchgängiger Eucharistischer Prozessionen wie in anderen Diözesen wurden wir acht Missionare in Zweierpaare aufgeteilt und in unterschiedliche Ecken der Diözese gesendet.

Orchester, Fahnen, enthusiastischer Gesang

Mich zog es dabei unter anderem zu einer polnischen Mission in einem westlichen Vorort von Chicago. Knapp 500 Polen – fast alle noch geboren und aufgewachsen in Europa – versammelten sich hier, um ihrem Heiland die Ehre zu erweisen. Und das taten sie mit Orchester, Fahnen und enthusiastischem Gesang. Hier, wo die Wurzeln nach Europa noch tief sind, sah man etwas, was der Kirche in den USA sicherlich noch im Vergleich zu Europa fehlt: Die lokalen Traditionen, welche die Liturgie so wunderschön ausschmücken.

Doch ebenso bedeutsam war es, dass sich auch bei der polnischen Mission alle einig waren: Wie schön ist es doch, hier in Amerika zu sein, wo der Glaube so lebhaft ist! Vielleicht mag noch nicht alles so pompös sein wie in Europa, aber der Pomp verdeckt womöglich manchmal auch tiefgreifende Probleme. Der Pomp wird auch in den USA kommen, wenn es so weitergeht, aber dahinter steckt eine eucharistische Begeisterung, die in einem eingefahrenen Kultur-Katholizismus Gefahr läuft, unterzugehen.

Ähnlich dachte man auch zwei Tage später, als es in eine indische Kirche ging. Hier war man schon in Feierlaune, denn der Festtag des heiligen Thomas nahte, also eben jenes Apostels, der den Glauben nach Asien brachte. Im Ritus der syro-malabrischen Kirche feiernd, wurde der eucharistische Jesus im Schneckentempo durch die Massen an Gläubigen getragen, während ein indischer Priester im Hintergrund lauthals die Menge mit Rufen wie “Jesus ist mein Schatz! Jesus ist meine Sehkraft! Jesus ist meine Anbetung!” anfeuerte. Das “Heilige Qurbana”, wie der Gottesdienst in diesem Ritus genannt wird, endete mit einer Fahnenweihe des heiligen Thomas und mit einem großen Festessen, das eine ungemein lebendige und vereinte Pfarrgemeinschaft zeigte. Die Gemeinde hatte sich um den eucharistischen Jesus versammelt, aber durch Ihn auch zueinander gefunden. Eine starke und lebhafte Pfarrei ist möglich, wenn sie Eucharistie-zentriert ist.

Die Menschen sind hoffnungsvoll

Andere Missionare in meiner Gruppe gingen zu vietnamesischen, afro-amerikanischen und Latino-Pfarreien. Und auch weitere, weniger ethnisch-bezogene Events sorgten für Begeisterung. Die allererste Prozession in der Diözese fand am Priesterseminar statt, und knapp 2.000 Menschen kamen nach Mundelein im Norden der Stadt. Die Prozession war erfüllt von Verehrung der Eucharistie, als wir alle um den Campus zogen und am Mariensee endeten. Dort wurde 1926 ein historischer Eucharistischer Kongress mit 800.000 Menschen gefeiert. Nun, 98 Jahre später, zog Jesus erneut durch das Seminar auf dem Weg zum ersten Eucharistischen Kongress in den USA seit 1941, der Ende Juli in Indianapolis stattfinden wird. Zum Ende der Prozession hob der zelebrierende Priester das Allerheiligste über den Mariensee.

Sicher war in Chicago nicht alles einfach. Doch es zeigte sich eine enorme Begeisterung für die Eucharistie, egal in welche Pfarrei oder lokale Gemeinschaft wir gingen. Die Menschen sind hoffnungsvoll. Manchmal ist ihnen diese Art der Anbetung ganz neu. So viele Pfarreien auf unserer mittlerweile sechswöchigen Reise haben noch nie eine eucharistische Prozession gefeiert.

Für viele Gläubige ist es schon Jahre her, dass sie in der Anbetung waren. Aber auf dieser Wallfahrt stocken sie: Sie erfahren auf ganz neue Weise, dass dies in der Eucharistie wahrhaft Jesus Christus ist. Und sie fragen sich: Was bedeutet das für mich? Kann ich mein Leben noch so weiterführen wie bislang? Alles, was ich habe im Leben, ist schön. Aber wie viel größer ist es zu erfahren, dass da jemand ist, der auf uns alle wartet und nichts weiter will, als dass er uns lieben kann. Gerade in diesen Momenten begegnen die Menschen Jesus oft das erste Mal in ihrem Leben. Sie mögen katholisch aufgewachsen sein oder sogar jeden Sonntag in die Kirche gehen. Aber hier erhalten sie viel mehr: eine persönliche Begegnung mit Christus, wo das menschliche Herz mit Heiligen Herzen Jesu spricht – cor ad cor loquitor.

Das mag nicht immer alles perfekt aussehen. Aber gerade in diesem Herantasten der Menschen, der leicht nervöse und unbeholfene Versuch, die Einladung Jesu anzunehmen, beginnt die Erneuerung. Gerade hier, im Herzen jedes Einzelnen aber auch im Kollektiv – der Pfarrei, der Ortschaft, das ganze Land – wird unsere Welt eucharistisch transformiert.

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Kai Weiß Erzbischöfe Erzdiözese Jesus Christus Kardinäle Katholikinnen und Katholiken

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