Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung NATIONALER EUCHARISTISCHER KONGRESS

Ein Kardinal schießt den Vogel ab

Kardinal Luis Antonio Tagle hält das Pontifikalamt zum Abschluss des Eucharistischen Kongresses der USA in Indianapolis. Zum Glück ist nach dem Kongress vor dem Kongress.
Kardinal Tagle
Foto: fha | Kardinal Tagle zelebrierte die Hl. Messe zum Abschluss des Eucharistischen Kongress in Indianapolis.

An berühmten Rednern hat es auf dem Eucharistischen Kongress in Indianapolis wahrlich nicht gemangelt. Bischof Barron, Jonathan Roumie, Father Mike Schmitz, Sister Bethany Madonna, um nur ein paar wenige der tiefgläubigen, mitreißenden, humorvollen Persönlichkeiten zu nennen, die hier, nein, keine Vorträge gehalten haben, sondern auf unglaublich charismatische Weise mit den Hörern in Kontakt getreten sind. 

Lesen Sie auch:

Die Latte liegt also hoch, als der kleine Kardinal aus den Philippinen zur Predigt an den Ambo tritt. Als Delegat des Papstes ist der Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung hier, um dem abschließenden Pontifkalamt des Kongresses vorzustehen. Bis hierher waren die versammelten Gläubigen während der heiligen Messen äußerst diszipliniert, kein Gelächter, kein Gejohle, kein Geklatsche. Das ändert sich schlagartig, als Kardinal Tagle das Wort ergreift. Nicht nur, dass ihm offensichtlich der Schalk im Nacken sitzt, er hat auch eine unglaubliche Gabe, mit den Hörern in Beziehung zu treten, auf ebenso liebevolle wie humorvolle Weise. „Benimm dich ordentlich“, habe der Papst zu ihm vor seiner Reise in die USA gesagt - damit hat Tagle die Lacher auf seiner Seite. Außerdem wünsche der Heilige Vater der Kirche in den USA eine „Bekehrung zur Eucharistie“.

Das Geschenk

Über die Beziehung zwischen Eucharistie und Mission spricht der Päpstliche Delegat nun, ausgehend von Christus selbst. „Mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel“, spricht Jesus in Johannes 6. Christi Sendung ist identisch mit seiner Selbsthingabe an die Welt, er ist selbst das Geschenk Gottes an die Welt, das wir in der Eucharistie empfangen. Deswegen müsse sich auch der Missionar als Geschenk verstehen. „Könnte es sein, dass dort, wo es an missionarischem Geist fehlt, auch an dem Verständnis dafür fehlt, was das Schenken und das Sich-Schenken bedeutet?“, fragt er. „Wo es nur um Leistung und Erfolg geht, dort ist kein Raum für das Empfangen einer Gabe, für Dankbarkeit, für die Selbsthingabe.“

Wer also in sich selbst und in den anderen kein Geschenk sehe, der werde auch nichts geben. „Ehemänner und Ehefrauen, was seht ihr ineinander? Ein Geschenk oder ein Problem?“ Lachen und Applaus. „Die Antwort ist wohl nicht klar“, sagt der Prediger mit spitzbübischem Lächeln. Das Gleiche fragt er nun alle anderen Anwesenden: „Kinder, was seht ihr in euren Eltern? Ein Geschenk oder eine Kreditkarte?“ - „Priester, was seht ihr in euren Bischöfen?“ Eine Alternative gibt er nicht vor, sondern lacht nur schelmisch zu seinen Mitbrüdern im bischöflichen Amt hinüber, die ihm wohl ganz dankbar sind, dass er seinen Satz nicht zu Ende führt. 

Jesus kommt zu jedem einzelnen 

Die Atmosphäre ist gelöst, die Herzen offen für den Rest der Predigt. 

Um die Nachfolge Christi, das Leben aus der Eucharistie geht es nun, das notwendig in der Mission endet. „Das Geschenk Seiner Gegenwart und Liebe zu uns soll unser Geschenk an die Welt sein. Wir sollen es nicht für uns behalten. Was wir umsonst erhalten haben, sollen wir umsonst weiterschenken. Alles andere ist Selbstsüchtigkeit. Kardinal Tagle endet mit einer Anekdote, die man einfach selbst gehört haben muss. 

Der Kommunionempfang ist dann wieder so, wie er es dieser Tage ausnahmslos war: still, würdig, geordnet, ohne Hast. Priester teilen die Kommunion aus goldenen Ciborien aus. Fast vergisst man, dass man eigentlich auf einer Massenveranstaltung ist. Jesus kommt zu jedem Einzelnen.

Nächster Eucharistischer Kongress

Am Ende der heiligen Messe kündigt es Bischof Cozzens an: Im Jahr 2033, 2000 Jahre nach Christi Tod und Auferstehen wird es einen weiteren Eucharistischen Kongress geben. Vielleicht schieben die Bischöfe noch einen dazwischen, denn bis dahin dauert es noch so lange. Schon nächstes Jahr findet eine weitere Eucharistische Wallfahrt statt, von Indianapolis nach Los Angelis. Der Jubel ist groß. Und der Bischof erinnert daran, was bis dahin passieren kann. Was, wenn sich jeder der 70 Millionen Katholiken in den nächsten Monaten bemüht, mit einem nichtgläubigen Bekannten einen Schritt hin zu Jesus zu tun? Die USA haben 341 Millionen Einwohner - rechnen Sie einmal nach, was das bedeutet.

Die Vorsehung meint es heute besonders gut. Am Flughafen steht man plötzlich erneut vor Kardinal Tagle, diesmal nicht aus 70 Metern Entfernung, sondern nur aus einem. Er kennt die „Tagespost“, verspricht, für die Kirche in Deutschland zu beten und wünscht ihr, nun, was wohl?, einen Eucharistischen Aufbruch! 90 Minuten lang steht er an der gleichen Stelle, schüttelt Hände, segnet, lässt sich fotografieren, gleichbleibend freundlich und fröhlich. Unter stehendem Applaus verschwindet er dann zu seinem Flugzeug. „Das wäre doch ein toller nächster Papst“, meint eine der Umstehenden. 

Info: Videos von Nationalen Eucharistischen Kongress 2024 in Indianapolis

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost eine umfassende Reportage von Nationalen Eucharistischen Kongress in den USA.

Themen & Autoren
Franziska Harter Bischof Jesus Christus Jonathan Roumie Kardinäle Katholikinnen und Katholiken Luis Antonio Tagle Pontifikalamt Päpste Robert Barron

Weitere Artikel

Der ermordete Gründer von „Turning Point USA“ war ein politisches Ausnahmetalent. Doch spricht viel dafür, dass sein eigentliches Erbe in der Verkündigung des Christentums bestehen wird.
10.10.2025, 17 Uhr
Sebastian Ostritsch
Bischof Robert Barron erhält in Münster den Josef-Pieper-Preis und ermutigt zu christlicher Festkultur.
30.07.2025, 21 Uhr
Regina Einig

Kirche

Am Samstag kommen 10.000 Gott suchende Menschen: Gebetshausgründer Johannes Hartl freut sich auf die MEHR-Konferenz. Der „Tagespost“ erzählt er, wieso.
31.12.2025, 14 Uhr
Elisabeth Hüffer
Leo XIV. ruft zum gegenseitigen Austausch auf, um auch bei Missverständnissen den Weg zur Versöhnung zu ebnen. Wir veröffentlichen eine Reihe seiner deutlichsten Appelle.
31.12.2025, 14 Uhr
Redaktion
Vom Heiligen Jahr bis zum Synodalen Ausschuss, von vakanten Bischofssitzen zu eucharistischen Initiativen: Eine kleine kirchliche Jahresbilanz und Vorschau auf 2026.
31.12.2025, 10 Uhr
Regina Einig
Für Leo XIV. durchlebt die Welt eine Phase starker Konflikte, in der viele Mächte das schüren, was Franziskus als „Dritten Weltkrieg in Stücken“ bezeichnet hat.
30.12.2025, 14 Uhr
Redaktion