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2020 wurde der junge Augustiner Chorherr Dirk-Henning Egger zum Priester geweiht. Heute spricht er mit der „Tagespost“ über Evangelisierung in den sozialen Medien. Ein Beitrag zum Interviewprojekt „Schiffsbauer – Vision für die Kirche 2040“
Dirk-Henning Egger
Foto: Privat | Der Augustiner-Chorherr Dirk- Henning Egger spricht im Schiffsbauer- Interview über Evangelisierung auf Instagram.

Herr Dirk-Henning Egger, muss man als junger Priester seine Freizeit mit Beten verbringen?

Man darf! (Lacht.) Ich tue in meiner Freizeit am liebsten zwei Dinge, eines davon ist Sport. Ich sitze viel am Schreibtisch, das muss man irgendwie ausgleichen. Das mache ich regelmäßig beim Kraft- und Ausdauertraining. Meine zweite Lieblingsbeschäftigung ist der Lobpreis. Manch einer wird sich denken: „Der singt doch sowieso jeden Tag mit seinen Mitbrüdern im Chor!“ Aber ich bin auch ein begeisterter Worshipper und habe die Gitarre immer griffbereit neben meinem Schreibtisch. Ich schreibe gerne selbst Lieder, vertone Psalmen neu und lasse mich da einfach vom Geist leiten. Man kann sagen, das ist eine Art des Gebetes, die auch Entspannung bringt.

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Wenn der Geist einen leitet, braucht man dann überhaupt eine Zukunftsvision für die Kirche?

Auf jeden Fall! Ohne Vision gibt es Chaos, das sieht man schon in der Bibel. Wir Menschen müssen uns an etwas ausrichten können. Das Ziel ist für uns Christen grundsätzlich erst einmal, in den Himmel zu kommen. Aber für unsere tägliche Arbeit sind auch konkrete Ziele wichtig. Wenn ich nichts Konkretes habe, worauf ich hinarbeite und hinbete, dann fehlt leicht die Leidenschaft und Motivation. Die Sehnsucht, die ich für die Zukunft der Kirche und der Menschen in der Kirche habe, motiviert mich, mich immer wieder neu aufzumachen.

Schiffsbauer
Foto: adobe.stock | „Schiffsbauer“ ist das Interviewprojekt einer neuen Generation von „Tagespost“-Autoren. Junge Katholiken sprechen mit Akteuren aus Pastoral und Neuevangelisierung über Wege und Perspektiven für das geistliche Leben.

Auf Instagram nimmt Ihre Follower-Zahl stetig zu. Wie kann man Menschen heute noch für die Nachfolge Christi begeistern?

Das kommt auf die Zielgruppe an. Ausrichtung an der Zielgruppe, das hat auch Jesus schon so gemacht. In Markus 4 heißt es: „Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten.“ – „So wie sie es aufnehmen konnten“ bedeutet, dass Jesus sich gut überlegte, wie er wem vom Reich Gottes erzählte. An der Zielgruppe richtet sich die Verkündigung aus. Dem „Standard-Publikum“ der Sonntagsmesse predige ich anders als jungen Menschen auf Instagram. Dabei ist der Leitsatz wichtig: Sprache und Form dürfen angepasst werden, ohne dabei den Glaubensinhalt zu verwässern.

Auf Instagram bin ich gekommen, weil ich mir überlegt habe, wie ich meine eigene Altersgruppe erreiche, die sonntags halt oft nicht mehr die Kirchenbänke überrennt. Junge Erwachsene tummeln sich heute bei Instagram, wohingegen Facebook mittlerweile eher von Menschen ab Mitte 30 genutzt wird. Die Gefahr bei dem reichhaltigen Angebot der sozialen Medien ist, dass man da leicht sozusagen versumpft und seine Zeit vergeudet. Aber genau deswegen müssen wir als Verkünder des Evangeliums auch dort aktiv werden.

Gerade jetzt an Pfingsten konnte man sehen, dass gerade auch Veranstaltungen aus dem charismatischen Dunstkreis junge Menschen anzieht. Ist das der Weg der Kirche?

Ereignisse, die von jungen Leuten für junge Leute veranstaltet werden, sind anziehend! Wir brauchen natürlich auch weiterhin alle klassischen Formate der Frömmigkeit, aber neue Formate für junge Menschen sind mindestens genauso wichtig. Hier ist jeder Einzelne dazu gerufen, konkret auch in seinem eigenen Umfeld zu werben. Gerade bei solchen Veranstaltungen ist es wichtig, dass Priester, Ordensleute und Laien zusammenarbeiten. Meistens haben die Laien in der Welt, viel mehr noch als wir Priester, Menschen in ihren Freundeskreisen, die noch nicht viel mit dem Glauben zu tun haben. Da heißt es, immer wachsam auf den heiligen Geist zu hören, der mich vielleicht dazu bewegt, diesen Freund oder jene Freundin zu einer solchen Veranstaltung einzuladen. Ich kenne mittlerweile viele Beispiele, wo glaubensferne Menschen durch genau so eine Einladung die Kirche wieder neu kennenlernen konnten.

"Je öfter ich mich in die Gegenwart Gottes begebe,
desto mehr wirkt sich das auch auf meinen Alltag aus."

Wie schafft man es, den Glauben auch dann zu leben, wenn man nicht gerade zufällig Priester oder Ordensperson ist?

Zum Glück war auch ich nicht mein ganzes Leben lang im Kloster, daher kann ich dazu tatsächlich auch als Priester etwas sagen. Schon vor meinem Leben als Augustiner Chorherr war für mich die heilige Messe Dreh- und Angelpunkt meines Lebens. Ich hatte es da recht einfach, da ich fünf Minuten von meiner Wohnung in der Regensburger Altstadt entfernt eine Kirche mit täglicher Abendmesse hatte. Das war für mich so ein festes tägliches Treffen mit dem Herrn, um mich mit Jesus zu verbinden, sein Wort zu hören, in die Stille zu kommen. Es ist jetzt nicht für jeden möglich, wirklich täglich eine heilige Messe zu besuchen, aber ich kann den häufigen Messbesuch nur empfehlen. Dazu die regelmäßige Beichte, eben ein Leben aus den Sakramenten heraus. Die sind so ein Grundgerüst, das die Kirche uns gibt.

Dazu vielleicht einen täglichen Moment des Gebets, der stillen Zeit, die auch sehr kreativ gefüllt werden kann, man muss nicht jeden Tag das Gleiche beten. Trotzdem sind gleichbleibende Elemente und eine gewisse Ordnung und Regelmäßigkeit auch im geistlichen Leben wichtig. „Halte die Ordnung und die Ordnung wird dich halten“, lautet so ein Grundsatz, den ich nur bestätigen kann. Ich selbst habe dann immer mehr gemerkt: Je öfter ich mich in die Gegenwart Gottes begebe, desto mehr wirkt sich das auch auf meinen Alltag aus. Das gilt für Laien ebenso wie für Priester und Ordensleute.

Stichwort Ordnung. Wenn man die Unordnung in der Welt sieht, Ideologien, die Menschenherzen befallen, fragt man als gläubiger Mensch manchmal: Warum lässt Gott das zu?

Gute Frage, wenn ich das wüsste! (Lacht). Die Frage nach dem „Warum“ lässt uns in die Vergangenheit schauen. Darauf werden wir hier auf dieser Erde in vielen Fällen keine Antwort finden. Im Himmel können wir dann einmal den Herrgott danach fragen. Viel wichtiger im Hier und Jetzt finde ich die Frage nach dem „Wozu“. Dieses „Wozu“ schaut nämlich in die Zukunft. 
Da gilt es zu erkennen, was zum Beispiel bestimmte Ideologien mit der Kirche, mit der Gesellschaft und mit mir persönlich machen. Daraufhin kann man fragen, wie der liebe Gott uns mit solchen Herausforderungen weiterbringen möchte.

Als getaufte und gläubige Christen sind wir auf dem Weg der Jüngerschaft und auf diesem Weg gibt es eben Herausforderungen, das war schon bei den ersten Jüngern Jesu so. Ideologien sind solche Herausforderungen, die auch in Krisen, sogar in Glaubenskrisen und Zweifel führen können. Wenn ich mich trotzdem bemühe, weiter die Wahrheit zu suchen, dann wird Gott mir helfen, da bin ich fest überzeugt. Der heilige Geist wird uns in die volle Wahrheit führen, diese Verheißung Christi an die Apostel gilt auch für uns. Eine Krise ist in diesem Sinne eben auch immer eine Chance, die es aktiv zu ergreifen gilt.


Schiffsbauer - Visionen für die Kirche 2040: Junge „Tagespost“-Autoren sprechen mit Akteuren aus Pastoral und Neuevangelisierung über Wege und Perspektiven für das geistliche Leben in unserem Land.

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