Unter den wachsamen Blicken von zahlreichen Polizisten hat der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki viele Hundert Sternsinger ausgesendet. Bevor die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Begleitpersonen jedoch Einlass zu der Feier in den Dom bekamen, mussten sie sich umfangreichen Leibesvisitationen und Kontrollen unterziehen. Vor dem Hauptportal ist dazu ein großes Zelt aufgebaut worden. Davor müssen sich die Besucher der Gottesdienste anstellen, bis sie durch eine Person der Polizei abgetastet sowie anschließend noch mit einem kleinen Körperscanner untersucht werden.
Das Mitführen von Taschen, und sind sie auch noch so klein oder gar leer, ist grundsätzlich untersagt. Besucher oder Touristen, die die Kathedrale unabhängig von der Liturgie besuchen wollen, sind vom Einlass ausgeschlossen. In allen Gottesdiensten sind zudem Polizeibeamte anwesend. So eben auch bei der Aussendung der Sternsinger. Turmbesteigung sowie ein Besuch der Schatzkammer sind ebenfalls bis auf Weiteres nicht möglich.
Gespenstische Szenerie
Die Szenerie im und um das Kölner Wahrzeichen mutet dieser Tage gespenstisch an. Rund um das Gotteshaus stehen zahlreiche Mannschaftswagen der Polizei, die aus verschiedenen Teilen von Nordrhein-Westfalen mit Hundertschaften im Herzen von Köln aktuell Dienst tun. Die zahlenmäßig hohe Präsenz an Einsatzkräften sowie Fahrzeugen einerseits, die Intensität und kompromisslose Strenge bei der Einlasskontrolle andererseits legen den Schluss nahe, dass die kurz vor Heiligabend bekannt gewordene Terrorwarnung gegen das weltbekannte Gotteshaus einen besonders schwerwiegenden Hintergrund hat. Die Maßnahmen sind bis in das nächste Jahr verlängert worden.
Dass der Dom und seine Umgebung eine derartige Hochsicherheitszone sind, hat es in der Vergangenheit, in der es immer wieder einmal mehr oder weniger substanzielle Bedrohungsszenarien gegeben hat, noch nicht gegeben. Der bevorstehende Jahreswechsel bedeutet für alle Beteiligten eine weitere Sensibilisierung, da das Anschlagsrisiko und Eskalationspotential erfahrungsgemäß höher ist als an anderen Tagen. Aus Sicherheitskreisen verlautete, dass der im Zusammenhang mit dem Terroralarm in Wesel am Niederrhein festgenommene 30 Jahre alte Mann aus Tadschikistan möglicherweise den Kölner Dom in den zurückliegenden Tagen ausgespäht habe.
Kölsche Gelassenheit
Wer die Kontrollen auf dem Domplatz beobachtet, stellt fest, dass trotz der angespannten Situation alles entspannt abläuft. Die enttäuschten Touristen, die keinen Einlass bekommen, zeigen sich in der Regel ebenso verständnisvoll wie die Besucher der Gottesdienste, die durch die Kontrollen mitunter erst zum Evangelium an der Messe teilnehmen können. Zur Entspannung tragen auch die Polizeibeamten selbst bei, die zwar in bestimmender und keinen Widerspruch duldenden Form ihren Pflichten nachkommen, dabei aber stets ein wohlwollendes Lächeln im Gesicht tragen und freundliche Worte finden.
So hat es sich Dompropst Guido Assmann gewünscht: „Ich bin überzeugt, wir werden diese Herausforderung in typisch kölscher Gelassenheit und getragen von weihnachtlicher Freude meistern.“ Das Domkapitel steht in engem Austausch mit den Verantwortlichen der Polizei „und trägt diese Kontrollen und alle übrigen Maßnahmen zum Schutz des Domes voll mit, denn das Wohl der Gläubigen ist uns ein hohes Anliegen“, so Monsignore Assmann. Der Geistliche hebt dankend zudem die hohe Professionalität und Zusammenarbeit aller Beteiligten, auch und gerade mit den Domschweizern, hervor.
Kerze vor dem Dom
Übrigens Domschweizer: Für die Aufseher in der Kathedrale gibt es in dieser ungewöhnlichen Gemengelage noch eine bemerkenswerte Aufgabe außerhalb des Domes: die Beaufsichtigung des Kerzenbüdchens. Weil es die aktuelle Sicherheitslage nicht erlaubt, dass Gläubige im Kölner Dom eine Kerze für ihre Anliegen entzünden können, wurde neben dem Petersportal kurzfristig Ersatz geschaffen: Mit Hilfe des Betreibers des traditionellen Weihnachtsmarkts am Dom konnte in Abstimmung mit der Polizei dort ein typisches Häuschen, das eigentlich als Weihnachtsmarktstand dient, aufgestellt und mit einigen Kerzenbänken aus dem Dom versehen worden. Dort haben alle Menschen ersatzweise die Möglichkeit, eine Kerze zu entzünden – für ihre ganz privaten Anliegen, aber auch als Friedenszeichen in diesen krisenhaften Zeiten, wie sie weltweit existieren und aktuell eben auch am Kölner Dom spürbar sind.
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