Der neue Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Klaus Krämer, hat sich in einem am Dienstag in den Stuttgarter Nachrichten veröffentlichten Interview dafür ausgesprochen, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen, damit „trotz des Priestermangels Eucharistiefeiern stattfinden können“. Zugleich müsse die Kirche alles tun, damit der „Zölibat als Lebensform und als Zeichen für die Kirche“ gut gelebt werden könne.
Angesichts des Verlustes an Kirchenmitgliedern, des Priestermangels und der schwindenden Finanzmittel müssten kirchliche Strukturen weiterentwickelt werden, befand Krämer. Wörtlich sagte er: „Den notwendigen Prozess werde ich rasch anstoßen.“
Das Konzept der viri probati, in Glaubensdingen bewährte Männer zu weihen, könne ein Weg sein, „um in bestimmten Situationen das sakramentale Leben aufrechtzuerhalten – auch in unserer Diözese“. Bereits jetzt würden Menschen auch außerhalb des Hauptamtes für klassische pastorale Tätigkeiten gewonnen, begründete er.
„Den Kern unseres Glaubens bewahren“
Krämer, der am 1. Advent zum Bischof geweiht wurde, sieht sich als Reformer und Bewahrer zugleich, plädierte aber grundsätzlich dafür, das Lagerdenken zu überwinden. Er sehe seine Aufgabe als Bischof darin, „den Kern unseres Glaubens zu bewahren“. Er möchte die Grundbotschaft des christlichen Glaubens weitertragen; wenn dies heute auch „mit anderen Mitteln und anderen Worten“ geschehen müsse als früher, um Menschen zu erreichen.
Konkret plant der gebürtige Stuttgarter in seinem Bistum zunächst einen umfangreich angelegten Meinungsbildungsprozess in Zusammenhang mit einer Gemeindereform. Er erklärt: „Im Laufe des nächsten Jahres sollten wir uns auf Grundsätzliches verständigt haben, um dann in die Detailplanung zu gehen.“ Klar sei, dass es größere Einheiten geben werde, so der Bischof. Die derzeitige Struktur mit mehr als 1000 selbstständigen Kirchengemeinden sei nicht zukunftsfähig.
Für Menschenwürde und Respekt vor Minderheiten
Auch künftige Mitarbeiter in seinem Bistum will Krämer gut unter die Lupe nehmen. Wer als Christ extremistische Positionen in der Öffentlichkeit vertrete, „der ist in einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche nicht akzeptabel“. Man wolle das Gespräch mit solchen Menschen suchen, in der Hoffnung, dass sie diese Positionen revidieren", so der Bischof.
Vor dem Hintergrund der politischen Debatte rund um Extremismus erklärte er weiter, dass man in der Bevölkerung für Akzeptanz von Migrationsströmen werben müsse. Menschen in Not sollten nach wie vor „Aufnahme finden“. Dies müsse jedoch „in einer sozialverträglichen Weise geschehen und darf den gesellschaftlichen Frieden nicht gefährden“, schränkte er ein.
„Lebensrecht braucht eine Lobby“
Zwar sollte sich die Kirche „nicht in Details der parteipolitischen Debatten einmischen“, erklärte Krämer. Kirche sei aber sehr wohl aufgerufen, sich zu melden, „wenn es um Grundsätzliches geht, um die Menschenwürde und um den Respekt vor Minderheiten“.
So sprach sich Krämer auch gegen eine Reform des Paragraphen 218 aus. Wörtlich sagte er: „Es ist nicht unser Auftrag, uns die Mehrheitsmeinung zu eigen zu machen, sondern gerade in einer solchen Situation auf die Grundwerte hinzuweisen, die wir für richtig halten.“ Das Lebensrecht des ungeborenen Lebens brauche eine Lobby in der Gesellschaft, „und da sehen wir schon einen Auftrag als Kirche“.
Krämer wurde 1964 in Stuttgart geboren. Die Priesterweihe empfing er 1993 in Neresheim, war von 1994 bis 1997 Bischöflicher Sekretär des damaligen Bischofs Walter Kasper, bevor er 1999 Domkapitular in Rottenburg und Leiter der Hauptabteilung Weltkirche im Bischöflichen Ordinariat wurde. Von 2004 an arbeitete er zusätzlich als Bischofsvikar für die Ausbildung der pastoralen Berufe.
Von 2008 bis 2019 arbeitete er zusätzlich als Präsident des Internationalen Katholischen Missionswerks Missio in Aachen und war seit 2010 für das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ zuständig. 2020 kehrte er als Domkapitular nach Rottenburg zurück und übernahm 2023 unter anderem das Amt des Kanzlers der Bischöflichen Kurie. (DT/dsc)
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