Essen (DT) Als der Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyla, zusammen mit seinen damals 110 Kardinalskollegen im Konklave vom 26. August 1978 einen neuen Papst wählte, konnte er nicht ahnen, dass er schon bald selbst auf dem Stuhl Petri Platz nehmen würde. Denn seinem Vorgänger, Albino Luciani, der als Papst Johannes Paul I. die Nachfolge von Paul VI. antrat, sollte nur ein sehr kurzes Pontifikat beschieden sein. Luciani, vor seiner Wahl, Patriarch und Erzbischof von Venedig, ging als 33-Tage-Papst in die Kirchengeschichte ein. Doch der am 17. Oktober 1912 in Forno di Canale, im Bistum Belluno geborene Luciani bleibt auch als der „lächelnde Papst“ in Erinnerung, dem es mit seiner heiter-bescheidenen Wesensart rasch gelang, alle Sympathien auf seine Seite zu ziehen. Umso größer war die weltweite Bestürzung als er am 28. September 1978 einem Herzinfarkt erlag.
Wer war dieser bescheidene Mann?
Wer war dieser Mann, der ganz bewusst auf die traditionelle Papstkrönung verzichtete, als er am 3. September 1978 offiziell den Stuhl Petri bestieg und über dessen Wahl der englische Kardinal Basil Hume sagte: „Es war eine unerwartete Entscheidung, aber nachdem sie einmal gefallen war, erschien sie völlig und gänzlich richtig. Das Gefühl, er verkörpere genau das, was wir uns wünschten, war so allgemein, dass er ganz unzweifelhaft der Kandidat Gottes war.“ Dass die Wahl der Kardinäle bereits am ersten Tag des Konklaves auf Albino Luciani fiel, wurde allgemein als Überraschung, aber auch als Wunsch nach einem weniger politischen als frommen Papst bewertet.
Der Arbeitersohn Albino Luciani
Der Arbeitersohn Albino Luciani wurde von seiner Mutter religiös erzogen, während der Vater als Sozialist mit der Kirche nichts im Sinn hatte. Nach seiner Priesterweihe (1935) promovierte er an der Gregorianischen Universität in Rom mit einer Arbeit über den fortschrittlichen italienischen Theologen Antonio Rosmini. Nach dem Abschluss seiner theologischen Ausbildung kehrte Luciani zunächst als Kaplan und Religionslehrer in seinen Heimatort Forno di Canale zurück, ehe er 1937 als Subregens und Professor für Dogmatik, Moraltheologie, Kirchenrecht und Kirchenkunst an das Priesterseminar von Belluno berufen wurde.
1954 stieg er dann als Generalvikar seiner Heimatdiözese zur rechten Hand des dortigen Bischofs auf, ehe er im Dezember 1958 von Papst Johannes XXIII. selbst zum Bischof ernannt wurde. Als Oberhirte von Vittorio Veneto, und elf Jahre später als Erzbischof und Patriarch von Venedig, erwarb sich Luciani als volksnaher und insbesondere um die Armenseelsorge bemühter Bischof breites Ansehen. In seinen fiktiven Briefen an berühmte Persönlichkeiten, die während seines späteren Pontifikates in Deutschland unter dem Titel „Ihr sehr ergebener“ als Buch veröffentlicht wurden, setzte sich Luciani mit aktuellen Zeitfragen auseinander und trat für eine „Kirche der Armen“ ein.
Bescheiden- und Verbindlichkeit
Sein bescheidenes und verbindliches Auftreten verband der 1973 von Papst Paul VI. zum Kardinal erhobene Erzbischof von Venedig mit eindeutigen Stellungnahmen gegen Abtreibung und Ehescheidung. „Die Liebe wird enthauptet, wenn man sie zum Provisorium und widerruflich macht“, schrieb der Kardinal und für Liturgie und Sakramente zuständige Vizepräsident der italienischen Bischofskonferenz. Dass sich Johannes Paul I. in der Kontinuität seiner beiden Vorgänger sah, die ihn zum Bischof und Kardinal erhoben hatten, belegt nicht nur seine doppelte Namenswahl, sondern auch die Tatsache, dass er den Kardinalstaatssekretär Pauls VI., Jean Villot, in seinem Amt bestätigte. Schon wenige Monate vor Lucianis Kardinalserhebung hatte Papst Paul dem damaligen Patriarchen von Venedig bei einem Besuch auf dem Markusplatz, vor den Augen von zwanzigtausend Zuschauern, seinen Papstschal um die Schultern gelegt.
In der für ihn typischen Bescheidenheit sagte der neugewählte Papst Johannes Paul I. den Gläubigen auf dem Petersplatz zu seiner Namenswahl unter anderem: „Lasst euch versichern: Ich besitze nicht die Herzensweisheit von Papst Johannes und ebenso wenig die Bildung und Kultur von Papst Paul. Trotzdem stehe ich jetzt an ihrem Platz. Ich werde versuchen, der Kirche zu dienen, und ich hoffe, dass ihr mir mit euren Gebeten dabei helft.“
33 Tage nach seiner Wahl zum Pontifex, die er angesichts des versammelten Kardinalskollegiums mit den Worten: „Möge Gott euch vergeben, was Ihr mit mir getan habt“ kommentiert haben soll, gehörte das weltweit mit soviel Hoffnungen und Sympathie begleitete Pontifikat von Johannes Paul I. schon wieder der Vergangenheit an. Am 4. Oktober 1978 fand Albino Luciani in der Krypta des Petersdoms seine letzte Ruhe.
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