Der amtierende Fuldaer Bischof Michael Gerber beurteilt Forderungen nach einem Zugang von Frauen zu kirchlichen Weiheämtern kritisch. „Ich halte diese konkrete Forderung für wenig realistisch. Das gilt insbesondere, wenn man die Tradition der katholischen Kirche sieht, die ja eine weltweite Kirche ist.“ Gerber äußerte sich anlässlich seines 100-tägigen Amtsjubiläums gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Anliegen der Geschlechtergerechtigkeit ernst nehmen
Dass Papst Johannes Paul II. bereits 1994 in einem lehramtlichen Schreiben betont habe, die katholische Kirche habe „keinerlei Vollmacht“, Frauen die Priesterweihe zu spenden, sieht Gerber als „eine Aussage, die wir ernst nehmen müssen“. Der 49-Jährige weist auf weitere kirchliche Traditionen hin, sowohl in der orthodoxen Ostkirche wie auch in der katholischen Westkirche, die in diese Richtung gingen. Theologisch stecke dahinter die Auffassung: „Es ist letztlich der Geist Gottes, der die Kirche führt sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart.“ Was sich in der Geschichte gezeigt habe und was sich heute zeige, müsse man in eine schöpferische Spannung zueinander bringen.
Grundsätzlich vertritt Bischof Gerber die Auffassung, dass eine einseitige Zuspitzung auf die Frage des Weiheamtes für Frauen in der katholischen Kirche nicht weiterführe. Diese einseitige Zuspitzung habe er aber auch bei den meisten der genannten Gesprächspartnerinnen so nicht wahrgenommen. „Uns war es gemeinsam wichtig, das Anliegen der Geschlechtergerechtigkeit ernst zu nehmen.“ Gerber hatte sich auch mit Vertreterinnen der Kirchenstreik-Bewegung „Maria 2.0“ getroffen, um zu hören, „persönlichen Erfahrungen die Frauen zu ihren Protesten und Forderungen bringen“.
"Wir müssen Frauen in der katholischen
Kirche stärker als bisher ein Mitsprache-
und Entscheidungsrecht einräumen"
Fuldas Bischof Michael Gerber
Darüber hinaus erklärte Gerber gegenüber der KNA, dass er eine deutlich stärkere Mitwirkung von beiden Geschlechtern an Leitungsaufgaben befürworte - „und zwar von Klerikern und Laien“. Dies sei auch angesichts der Tradition gar nicht so ungewöhnlich, meinte der Bischof mit Verweis auf die Leitung von Schwesterngemeinschaften. „Wir müssen Frauen in der katholischen Kirche stärker als bisher ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht einräumen.“
DT/mlu
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