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„Fiducia supplicans“: Das bedeutet die Vatikan-Erklärung in der Praxis

Dürfen nun Sakralräume für Segnungen genutzt werden? Werden die Menschen gesegnet oder deren Partnerschaft? Und wie bindend ist „Fiducia supplicans“ für künftige Päpste? Antworten des Kölner Kirchenrechtlers Sebastian Cüppers.
Papst Franziskus - "Fiducia supplicans"
Foto: IMAGO/Evandro Inetti (www.imago-images.de) | Bei "Fiducia supplicans" handelt es sich um eine Erklärung, die zwar als Fortentwicklung des Lehramtes verstanden werden soll, aber sicherlich nicht unabänderlich ist, so der Kirchenrechtler Sebastian Cüppers.

Bedeutet „Fiducia supplicans“, dass ein Priester homosexuelle Paare auf Verlangen segnen muss?

Ob homosexuelle Paare einen einklagbaren Rechtsanspruch auf eine Segnung haben, wird nicht ausdrücklich gesagt. Hier entsteht eine neue Unsicherheit, da nicht vorausgesetzt werden kann, dass auf Seiten des Segnenden und der zu segnenden Personen das gleiche Verständnis dieser Amtshandlung herrscht.

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Die Erklärung zitiert den Wortlaut eines priesterlichen Amtsgebetes aus der heiligen Messe, das einen deprekatorischen und keinen indikativen Charakter hat. (Anm. d. Red.: Das bedeutet, dass es sich um eine Bitte um den Segen Gottes handelt und nichts über die moralische Qualität des gesegneten Gegenstands aussagt.) Der Segnende stellt sich zusammen mit den zu Segnenden vor Gottes Angesicht und bittet um dessen Beistand. Er verwendet also nicht die direkte Segensformel: „Es segne euch" etc.

Dürfen Sakralräume, wie geweihte katholische Kirchen und Kapellen, für Segnungen genutzt werden?

Davon muss man wohl ausgehen, auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt wird.

Download: Grundsatzerklärung "Fiducia supplicans"

Habe ich als Pfarrer, als Kirchenvorstand oder einfaches Gemeindemitglied die Möglichkeit, geplante Segnungsfeiern in der Kirche zu verhindern?

„Segnungsfeiern”, das heißt liturgische Zeremonien, in deren Verlauf homosexuelle Paare gesegnet werden sollen, sind nach wie vor nicht gestattet, was auch in der besagten Erklärung noch einmal ausdrücklich unterstrichen wird. Es geht dabei vor allem darum, unter allen Umständen den Eindruck zu vermeiden, hier geschähe eine Art von Eheschließung. Eine solche ist nach wie vor nur möglich zwischen Mann und Frau und niemals zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts.

Werden die homosexuellen Menschen gesegnet oder auch deren Partnerschaft?

Tatsächlich geht es um Menschen, die sich von Gott her Hilfe für ihre Leben erwarten. Es wird ausdrücklich betont, dass mit einem solchen Segen keineswegs die Form des Zusammenlebens von der Kirche anerkannt wird.

Sind Menschen, die in praktizierender Homosexualität leben, durch „Fiducia supplicans“ zur Kommunion zugelassen?

Diese Frage muss man eindeutig mit „Nein” beantworten. Das eine (Segen) hat aber auch mit dem anderen (Kommunionempfang) gar nichts zu tun.

LGBTQ-Fahnen an Pfarrhäusern und in Kirchen führen oft zu Zerwürfnissen in einer Pfarrei. Bisher konnten sich Gegner der Regenbogenflagge in oder an der Kirche auf Rom berufen, wenn sie darauf drängten, diese wieder zu entfernen. Ist dem weiterhin so?

Auch die Frage des Aufhängens von Regenbogenfahnen an Kirchen und kirchlichen Gebäuden hat nichts mit der Frage des Segens zu tun. Im Erzbistum Köln gibt es dazu übrigens ein eindeutiges und nach wie vor gültiges Dekret (Nr. 839) der Diözesansynode von 1954, in dem genau festgelegt ist, wie Fahnen an Kirchen auszusehen haben. Die Regenbogenfahne gehört gewiss nicht dazu.

Wie bindend ist „Fiducia supplicans“ für künftige Päpste?

Es handelt sich um eine Erklärung, die zwar als Fortentwicklung des Lehramtes verstanden werden soll, aber sicherlich nicht unabänderlich ist. 

Das Dokument „Fiducia supplicans“ nimmt eine Unterscheidung zwischen einem „liturgischen (sakramentalen) Segen und einem pastoralen Segen“ vor. Worin unterscheiden sich die beiden Segensformen in der Praxis?

Der Segen für homosexuelle Paare soll eben nicht in eine offizielle liturgische und damit allgemein verbindliche Form gegossen werden, so wie es jetzt der Deutschen Bischofskonferenz ausdrücklich untersagt worden ist, sondern eher spontan gespendet werden, zum Beispiel bei einer Wallfahrt oder einer längeren Pilgerreise. (s. auch ad 1)

Ändert „Fiducia supplicans“ Inhalte der Katechese?

Inhalte des Katechismus werden durch diese Erklärung nicht berührt oder gar geändert. Homosexuelle Praktiken werden dadurch nicht sanktioniert.


Der Autor ist promovierter Kirchenrechtler und Priester des Erzbistums Köln

Lesen Sie weitere Hintergründe zur neuen Grundsatzerklärung des Glaubensdikasteriums in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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