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DBK-Queer-Beauftragter Schepers: Sehe Geschlechtlichkeit als Ellipse mit zwei Polen

Der Essener Weihbischof erläutert, wie sich das kirchliche Lehramt verändern müsse, um Menschen, die im falschen Körper geboren seien, kirchlich zu begleiten.
Weihbischof Ludger Schepers, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für LGBTQ-Pastoral,
Foto: Nicole Cronauge

Laut dem Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für LGBTQ-Pastoral, Weihbischof Ludger Schepers, müssen sich das kirchliche Lehramt und die christliche Anthropologie zum Verständnis der menschlichen Sexualität die „neueren humanwissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse“ aneignen und „damit in einen Dialog treten“.

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Im ausführlichen Gespräch mit der „Tagespost“ erklärte der Essener Weihbischof: „Die einen gehen davon aus, es gibt einen Kern Mann und einen Kern Frau.“ Man könne aber auch als Ausgangspunkt nehmen, dass die beiden Menschen sind, was auch der Wortstamm des biblischen Wortes Adam sei. „Das Menschsein ist das Verbindende“, so Schepers. Er stelle sich Geschlechtlichkeit „eher als eine Ellipse mit zwei Polen vor und der Möglichkeit dessen, was sich dazwischen befindet. Mit diesem Modell bleibe ich in der Bipolarität von Geschlecht und habe trotzdem die Möglichkeit, diese Menschen mit in das Menschenbild einzubeziehen.“

Man wechselt nicht einfach seine sexuelle Orientierung und Identität“

Ausdrücklich betonte der Queer-Beauftragte der DBK, seiner Ansicht nach gebe es Menschen, die im falschen Körper geboren seien. „Die sind mir auch begegnet und das sind Leidensgeschichten. Man wechselt nicht einfach seine sexuelle Orientierung und Identität.“ Deswegen brauche es eine gute Begleitung im kirchlichen Kontext, um den betroffenen Menschen Orientierung und Halt zu geben. So bleibe ihnen am Ende die freie Entscheidung. „Und die ist nicht leicht“, so Schepers, „denn sie geht mit hoher psychologischer Belastung einher. Wenn aber am Ende die Person für sich sagen kann, dass sie sich endlich richtig fühlt, dann wünsche ich ihr nur alles Gute der Welt.“

Kritisch äußerte sich Schepers dagegen zu irreversiblen Veränderungen durch Schönheitsoperationen, die manche am eigenen Körper vornehmen ließen. Deren Zahl sei stark gestiegen. „Wenn ich mir manche Mädchengesichter anschaue, die bei der Firmung vor mir stehen, erschrecke ich zutiefst, wie weit ein bestimmtes Schönheitsbild überhandgenommen hat, dem alles geopfert wird“, so der Essener Weihbischof.

Gesellschaftliche Bedeutung der Kirche hat nachgelassen

Auf die Frage, ob es in Anbetracht dieser Tatsache nicht eine wichtige Botschaft der Kirche wäre, dass keiner im falschen Körper geboren werde, antwortete Schepers: „Das sagen wir ja, aber vielleicht nicht deutlich genug.“ Das liege auch daran, dass die gesellschaftliche Bedeutung der Kirche nachgelassen habe. „Spätestens seit Humanae Vitae ist es schwierig geworden, Verständnis für die kirchlichen Positionen zu wecken.“

Schepers äußerte sich im Gespräch mit dieser Zeitung auch zum vatikanischen Segenspapier „Fiducia supplicans“. Er habe keine Anzeichen dafür, dass es in Deutschland seit der Veröffentlichung des Dokuments mehr Anfragen für Segnungen seitens homosexueller Paare gegeben habe. Die Frage, ob die Kirche homosexuelle Verbindungen segnen solle, bejahte der Queer-Beauftragte der DBK – „wenn wir ein Verständnis von Segen haben, das nicht sakramental ist“. Es gebe die sakramentale Ehe, zudem aber auch andere Segnungen, „die meines Erachtens durchaus möglich sind“. Das habe „Fiducia supplicans“ sehr deutlich gemacht.  DT/mlu

Ob sich das Eheverständnis der Kirche nach Ansicht Schepers' perspektivisch auch für homosexuelle Verbindungen öffnen könnte, erfahren Sie im ausführlichen Interview in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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