Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kirche

Chlodwigs Taufe prägte Europa

Zum 1500. Todestag des Frankenkönigs Chlodwig I. Von Norbert Axmann
Taufe Chlodwigs I., dargestellt in der Dionysius-Vita des Hilduin von Saint Denis, um 1250.
Foto: IN | Taufe Chlodwigs I., dargestellt in der Dionysius-Vita des Hilduin von Saint Denis, um 1250.

Er gilt als der Begründer des Frankenreichs, der die Franken unter seiner Herrschaft einte und den Königssitz nach Paris verlegte. Sein Übertritt zur katholischen Kirche und nicht – wie zu seiner Zeit bei den Germanen üblich – zum Arianismus prägte den weiteren Verlauf des frühen Mittelalters entscheidend. Am 27. November 511, also vor 1 500 Jahren, starb Chlodwig I., der Frankenkönig aus dem Geschlecht der Merowinger, im Alter von etwa 45 Jahren.

Die Geschichte der Franken 

Die bedeutendste Quelle für die Regentschaft Chlodwigs in einer für die Historiker „dunklen“ Epoche stellt die Ende des sechsten Jahrhunderts entstandene „Geschichte der Franken“ des Bischöfe Gregor von Tours dar. Chlodwig folgte seinem Vater Childerich I. 482 als Kleinkönig eines Teilstammes der Salfranken auf den Thron und herrschte zunächst über ein Reich mit der Provinzhauptstadt Tournai, das etwa das Gebiet der heutigen südlichen Niederlande und des nördlichen Belgien umfasste. In knapp dreißig kriegerischen Jahren vereinte er fast ganz Gallien und weitere rechtsrheinische Gebiete zu einem fränkischen Reich.

Einen Meilenstein im Ausbau der Macht und Erweiterung des Herrschaftsgebietes bildete 486/87 die Schlacht bei Soissons. Chlodwig unterwarf das Land zwischen Somme und Loire und ließ seinen zunächst zu den Westgoten geflüchteten Widersacher, den letzten römischen Statthalter Syagrius, später hinrichten.

Durch seinen Sieg über den Westgotenkönig Alarich 507/08 gelangte der größte Teil Galliens – Aquitanien bis zur Garonne und Toulouse – unter die Herrschaft des Merowingers. Es folgten weitere siegreiche Feldzüge und Kämpfe gegen die Alemannen, darunter die Schlacht von Zülpich im Jahre 496. Gegenüber den anderen merowingischen Gaukönigen ging Chlodwig mit aller Härte vor und beseitigte deren Herrschaften. 509 eroberte er das rheinfränkische Reich und regierte dieses in den zwei Jahren bis zu seinem Tod in Personalunion.

Chlodwigs Taufe: Der Übertritt zum katholischen Glauben

Nach dem Sieg in der Schlacht von Zülpich, einer Ortschaft in der nördlichen Eifel, nahm Chlodwig den katholischen Glauben an. Gregor von Tours stellt diese Entscheidung in einen Zusammenhang mit der Schlacht, in der der Christengott die erbetene Hilfe gewährt habe, die der Herrscher bei den alten Göttern vergeblich fand – und rückt den Frankenkönig damit in die Rolle eines zweiten Konstantin, der den Gott der Christen in der Schlacht an der Milvischen Brücke angerufen hatte.

Getauft wurde Chlodwig durch den Bischöfe Remigius von Reims. Das Jahr lässt sich nicht eindeutig ermitteln, doch allgemein geht man von einem Datum um das Jahr 498 aus. Bei der Entscheidung für die Bekehrung wird oftmals – wohl nicht zu Unrecht – der Einfluss seiner zweiten Frau, der burgundischen Prinzessin Chlothilde, hervorgehoben. Jedenfalls soll Chlodwig nach dem Bericht des Gregor von Tours die Großen und das Volk befragt haben, bevor er sich gemeinsam mit dreitausend Franken taufen ließ.

Behauptet wird auch, dass Chlodwig mit dem Papst im Zusammenhang mit seiner Bekehrung eine Art Handel einging, und zwar dergestalt, dass nach dem Übertritt zur katholischen Kirche die Benennung sämtlicher Geistlichen durch eine fränkische Synode unter dem Vorsitz des Königs erfolgen sollte – eine Anlehnung also an die Form des germanischen Eigenkirchenwesens. Hier finden sich bereits Anklänge an den sogenannten Gallikanismus, jene Strömung des späten Mittelalters, in der die französischen Könige die katholische Kirche in ihre Abhängigkeit bringen wollten und auf deren Eigenständigkeit gegenüber Rom pochten. Aus diesem Grund gibt es in der Wissenschaft die These, bei der angeblichen Einigung zwischen Chlodwig und dem Papst handele es sich um eine spätere Erfindung im Interesse des Gallikanismus.

Die historische Bedeutung der Bekehrung Chlodwigs 

Wie dem auch sei – die Bedeutung der Bekehrung Chlodwigs für die europäische Geschichte kann kaum überschätzt werden. So wurde mit dem Übertritt zum Christentum die Voraussetzung für eine Integration der unterschiedlichen Bevölkerungsteile im Frankenreich geschaffen, nämlich der christlich-romanischen Mehrheit einerseits sowie der heidnischen Franken andererseits. Dies konnte deshalb so gut gelingen, weil Chlodwig sich für die katholische „Variante“ des Christentums entschied, der die gallorömische Bevölkerungsmehrheit anhing, auch wenn die betont anti-arianische Haltung des Königs bei Gregor von Tours wohl überzeichnet ist.

Der merowingische Herrscher bediente sich in seinem Regiment bewusst zentraler Elemente der römischen Verwaltung und Herrschaft, das römische Recht blieb gegenüber der romanisierten Bevölkerung in Kraft.

Mit seiner Taufe legte Chlodwig aber nicht nur den Grundstein zur Bekehrung aller Franken, sondern strahlte auch auf die anderen Germanenreiche aus. Schließlich befand er sich mit seiner Glaubensentscheidung im Gegensatz zu fast sämtlichen Königen der anderen germanischen Nachfolgestaaten auf dem Boden des früheren Weströmischen Reiches – seien es die der West- und Ostgoten oder die der Burgunder und Vandalen. Diese hingen dem Arianismus an, einer nach ihrem Vertreter Arius benannten Lehre, die das Dogma der göttlichen Trinität ablehnte. Bereits in den Konzilien von Nicäa 325 und Konstantinopel 381 hatte die Kirche den Arianismus als Ketzerei verworfen, der nun durch die Entscheidung Chlodwigs immer mehr in die Defensive gedrängt wurde. Zunächst besiegte der oströmische Kaiser Justinian I. die Vandalen und Ostgoten, später eroberten die Franken das Burgunderreich, und schließlich traten zum Ende des sechsten Jahrhunderts die Könige der Westgoten ebenfalls zum Katholizismus über.

Die Anerkennung Chlodwigs Herrschaft durch Byzanz 

Im Hinblick auf die außenpolitischen Konstellationen ist zu bedenken, dass die in Konstantinopel residierenden Herrscher ihre Ansprüche auf das Westreich nie aufgegeben hatten und von fast allen im Zuge der Völkerwanderung entstandenen Reichsbildungen als nominelle Oberherren anerkannt wurden. Von daher kam die Ernennung Chlodwigs zum Ehrenkonsul durch Kaiser Anastasios I. im Jahre 508 einer Anerkennung seiner Herrschaft durch Byzanz gleich. Das Konzept des arianischen Ostgotenkönigs Theoderich des Großen, eine Verständigung der germanischen Reiche gegen Ostrom herbeizuführen, war gescheitert. Und als 519 das erste Schisma zwischen Konstantinopel und Rom beigelegt wurde, war auch die Kircheneinheit des Frankenreichs mit dem oströmischen Kaisertum hergestellt.

Als Chlodwig I. im Jahr 511 starb, wurde sein Reich nach salfränkischem Erbrecht unter seinen vier Söhnen aufgeteilt – mit Königssitzen in Reims, Orléans, Paris und Soissons. Gleichwohl hatte die gesamtfränkische Idee, der der bedeutende Merowinger zum Durchbruch verholfen hatte, ebenso Bestand wie die Christianisierung jenes europäischen Kernlands, aus dem später Frankreich und Deutschland hervorgehen sollten.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe

Themen & Autoren
Bischof Chlodwig I. Justinian I. Päpste

Weitere Artikel

Was in Syrien seit 2011 untergeht, ist für europäische Christen nichts Fremdes, sondern eine Wiege der eigenen Zivilisation.
12.01.2024, 07 Uhr
Stephan Baier
Eine akademische Tiefenbohrung in die schlampigen Verhältnisse zwischen den orthodoxen Kirchen und den jeweiligen Staaten und Systemen.
17.10.2023, 05 Uhr
Stephan Baier

Kirche

Wie in vielen Pfarreien der Alltag die Sphäre des Sakralen absorbiert. Ein Spottwort von vor 30 Jahren wird heute von der Wirklichkeit überholt. 
16.04.2024, 19 Uhr
Gerd Neuhaus