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Auf den Spuren der Zisterzienser

Über Franken und Maulbronn nach Cîteaux: In den jahrhundertealten Fußstapfen der Zisterzienser erschließt der neue paneuropäische Wanderweg Cisterscapes faszinierende Kulturlandschaften zwischen Mähren und Freiburg – 17 Kulturstätten in fünf Ländern.
Abtei Ebrach
Foto: IMAGO/imageBROKER/Helmut Meyer zur Cap (www.imago-images.de) | Baustile aller Epochen mischen sich in der Klosterkirche von Ebrach: gotisches Kreuzgewölbe, spätgotische Fensterrose, alles im Stil des Frühklassizismus überarbeitet.

Die Rückkehr der Zisterzienser“ meldete die FAZ mit einem vierspaltigen Foto auf Seite eins und einem ganzseitigen Artikel im Feuilleton am Gründonnerstag dieses Jahres. Neun Zisterziensermönche wollen in Brandenburg nahe der polnischen Grenze ein neues Kloster bauen, Neuzelle heißt der 4 500-Einwohner-Ort. Der Bischof von Görlitz hatte 2016 die Mönche gerufen, gemäß der Aufforderung von Papst Franziskus, an die Ränder zu gehen.

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Es gab Rückschläge, aber jetzt planen die Zisterzienser auf einem früheren Stasi-Gelände im Wald bei Treppeln ein neues Kloster mit dem Namen Maria Friedenshort. Als Architektin haben sie Tatiana Bilbao aus Mexiko gewonnen, deren Entwurf Backstein und Holz als Grundbaumaterialien für die Stiftskirche vorsieht. Wenn die Spenden wie erhofft fließen, soll 2026 Baubeginn für den ersten von drei Abschnitten sein.

Zisterzienser und ihre Klöster verbinden sich mit klingenden Namen wie Fontenay (Frankreich), Fountains Abbey (Vereinigtes Königreich), Alcobaça (Portugal), Poblet (Katalonien), Maulbronn und Waldsassen (Deutschland). Überall meint man, schon bei Erwähnung des Namens das Plätschern des Wassers zu vernehmen, errichteten die Zisterzienser doch ihre Klöster stets am, auf oder nahe dem Wasser. Seit Kurzem verbindet der Europäische Fernwanderweg „Cisterscapes“ auf jahrhundertealten Spuren der Zisterzienser faszinierende Kulturlandschaften zwischen Mähren und Freiburg: 17 Kulturstätten in fünf Ländern.

Fronleichnamswunder von Burgwindheim

Das erste eröffnete Teilstück des Zisterzienserweges in Deutschland führt von Bamberg, der Domstadt an der Regnitz, über das legendäre Kloster Ebrach nach Bronnbach an der Tauber. In Bamberg, am Domberg, gibt es gleich zwei Ebracher Höfe, wahrscheinlich einer als Niederlassung von Kloster Langheim, einer von Kloster Ebrach. Bamberg ist Ausgangspunkt für das 2019 gegründete Projekt Cisterscapes, auch dank Johann Kalb, Landrat des Landkreises Bamberg.

Der Weg von der Regnitz zu Main und Tauber führt nach Burgebrach. Der schon 1023 erwähnte Ort ist der östliche Eingang des Naturparks Steigerwald mit seinem Rundwegenetz. In den Gasthöfen werden Spezialitäten aus fränkischer Küche und kühlen Kellern serviert. Im Steigerwald pflanzten die Zisterzienser Buchen, Eichen, Linden, Eschen und Ulmen, typisch ist der Buchen-Eichen-Mischwald. Nach dem Fällen der Bäume wurden das Holz zu Flößen formiert und flussabwärts bis in die Niederlande verkauft. Der neue Zisterzienserweg kreuzt im Steigerwald auch den Fränkischen Marienweg. In Burgwindheim überrascht an der Durchgangsstraße ein mächtiges Schloss.

Als eines von vier Amtsschlössern 1720-1728 errichtet, liegt Schloss Burgwindheim an einem früher eineinhalb Kilometer langen Fischteich. Von den Amtsschlössern aus wurde der Geschäftsbetrieb einschließlich Steuereintreibung und Rechtsprechung organisiert, Ebrach hatte nicht weniger als 40 Wirtschaftshöfe. Die Kirche Sankt Jakobus in Burgwindheim erinnert an das Fronleichnamswunder 1465, das sich in der benachbarten Kapelle Zum Heiligen Blut zutrug. Mit dem Bau der Kirche beauftragte man Balthasar Neumann, von ihm stammt die praktische Anordnung der Seitenaltäre. Im Stuck der Decke, ausgeführt von Meistern aus Italien, hält ein Fresco den Moment fest, als Abt Burkard Scheel von Ebrach versucht, die Hostie, die aus der Monstranz gefallen war, vom Boden zu lösen. Am Sonntag nach Fronleichnam findet bis heute eine Prozession statt, die an das Wunder von Burgwindheim erinnert.

Alles begann mit den Zisterziensern ...

Mit den Zisterziensern beginnt die Geschichte des kleinen Orts Ebrach. 1127 kamen Mitglieder des in Cîteaux (Burgund) gegründeten Ordens ins Tal der Mittleren Ebrach. Ähnlich wie bei Kloster Eberbach im Rheingau soll ein Eber den Gründern angedeutet haben, wo sie eine Niederlassung schaffen sollten. In einer anderen Quelle heißt es, der Ministeriale Berno von Ebera habe gemeinsam mit seinen Geschwistern Land zur Verfügung gestellt.

In jedem Fall arbeiteten die Mönche von Ebrach hart, um gemäß der Ordensregel „von eigener Hände Arbeit“ zu leben, schufen sieben Wirtschaftshöfe, dazu sechs Tochtergründungen. Die Mönche pflegten gute Beziehungen zu einflussreichen weltlichen und geistlichen Förderern der Abtei. Diese expandierte schnell und war bald eines der bedeutenden und reichsten Klöster Frankens. Sogar Bernard von Clairvaux, der geistige Vater der Zisterzienser, stattete der florierenden Abtei im Steigerwald einen Besuch ab.

Herzstück der Anlage ist die von 1200 bis 1285 erbaute Klosterkirche. Als „den bedeutendsten sakralen frühgotischen Kirchenbau Deutschlands“ bezeichnet sie der Kunsthistoriker Georg Dehio. Der sogenannte „Maulbronner Meister“ wirkte an der Michaelskapelle mit, diese ist im Originalzustand erhalten. Die Kirche ist Nachfolgerin des ersten Gotteshauses aus Stein, eingeweiht 1134. Entspricht der Kirchenbau mit seinem später hinzugefügten Dachreiter den Zisterzienser-Regeln, so fällt an der Westseite über dem Eingang die große Fensterrose auf. Wahrscheinlich hat ein Pariser Meister dieses besondere Kunstwerk der Kirche um 1285 gefertigt, denn es weist starke Ähnlichkeit mit der Rosette im Südquerhaus von Notre-Dame in Paris auf.

Immer wieder dem Zeitgeschmack angepasst wurde der Innenraum des Gotteshauses. Auch wer nur durch das Gitter blicken kann, erkennt eine Stilmischung, die von der Frühgotik bis zum Frühklassizismus reicht. Für Neubauten der Klostergebäude verpflichteten die Äbte namhafte Baumeister wie Johann Leonhard Dientzenhofer (1660-1707), Joseph Greising (1664-1721) und Balthasar Neumann (1687-1721). Neumann schuf eine schlossartige Anlage mit repräsentativem Treppenhaus und einem noblen Kaisersaal.

... und endet mit der Säkularisation

Die Säkularisation bedeutet das Ende von Kloster Ebrach. Beamte des Kurfürstentums Bayern nehmen die Abtei in Besitz. Abt und Mönche müssen den Eid auf den Bayerischen Kurfürsten leisten. Am 2. Februar 1803 beginnt die Inventaraufnahme von Beständen und Immobilien. Drei Monate später, am 2. Mai 1803, wird den Mönchen die Auflösung der Abtei mitgeteilt. 1803 wird Kloster Ebrach Justizvollzugsanstalt – bis heute. Wer von Ebrach aus in Richtung Gerolzhofen unterwegs ist, merkt an vielen Stellen, wie die Zisterziensermönche aus Ebrach der Landschaft ihren Stempel aufgedrückt haben, durch die Rodung von Wäldern, Trockenlegung von Sümpfen und Anlage von Fischteichen. Außerdem unterhielt Ebrach Stadthöfe in den Städten Würzburg, Schweinfurt, Nürnberg und in Bamberg gar deren zwei.

Wenige Kilometer mainaufwärts von Kitzingen liegt Mainstockheim. Hinter hohen Mauern liegt am Nordrand des Straßendorfes der Ebracher Hof, an einer Seite von Weinbergen begrenzt. Bereits 1140 erwarben die Ebracher hier Grund, betrieben in der Folge Weinbau und Weinhandel, auch über den Fruchthof Kitzingen (ab 1331) und erleichtert durch die Mainfähre nach Albertshofen (1515). Das Renaissance-Hauptgebäude des Ebracher Hofes schmücken Türme, Portale und Giebel bis heute. Mit der Säkularisation wurde der Hof 1803/04 Privatbesitz und ist seit 1961 Seniorenheim.

Landschaften geprägt

Durch das Wirken der Zisterzienser veränderten sich die Landschaften um die Klöster, wobei das Muster immer gleich ist: Forstwirtschaft, Fischteiche und Weinbau, Wirtschaftshöfe und Klosterdörfer, und Stadthöfe, in denen die auf dem Lande produzierten Güter verkauft wurden. Besondere Kenntnisse hatten die Zisterzienser beim Wasserbau mit Kanälen und Mühlen, im Falle von Kloster Bronnbach im Taubertal war dies unumgänglich, saß das Kloster doch auf dem Schwemmfächer eines Baches.

Infos unterwww.cisterscapes.eu

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