Die Gemeinschaft Emmanuel wird sich einer apostolischen Visitation unterziehen. In einer Mitteilung an die Mitglieder der Gemeinschaft kündigte der Generalmoderator der Gemeinschaft, der Franzose Michel-Bernard de Vregille, am Donnerstag diesen Schritt an. In dem Text, den die Gemeinschaft auf ihrer französischsprachigen Website veröffentlichte, erklärte de Vregille, die Visitation sei eine Gelegenheit, „unsere Organisation und unsere Art der Leitung zu überdenken“.
Die 1972 in Frankreich gegründete Gemeinschaft gehört zu den sogenannten Neuen Geistlichen Gemeinschaften in der Katholischen Kirche und ist heute in über 60 Ländern aktiv. Nach eigenen Angaben zählt sie rund 12.000 Mitglieder, darunter 275 Priester sowie 225 geweihte Männer und Frauen, die ein Leben in Ehelosigkeit führen.
Interne Überprüfung führte zur Visitation
Wie de Vregille in seiner Mitteilung erklärt, habe der Internationale Rat der Gemeinschaft und er selbst in Zusammenhang mit einer internen Überprüfung der eigenen Leitungsstrukturen den Marseiller Kardinal und Papst-Vertrauten Jean-Marc Aveline um Unterstützung gebeten. Treffen hätten außerdem sowohl mit Aveline als geistlichem Begleiter der Gemeinschaft Emmanuel und Kardinal Kevin Farrell, dem Leiter des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben stattgefunden. „Am 25. Februar teilte mir Kardinal Aveline mit, dass Kardinal Farrell angesichts der vorgelegten Unterlagen der Ansicht sei, dass eine Apostolische Visitation der am besten geeignete Weg sei, um der Bitte des Generalmoderators und des Internationalen Rates um externe Hilfe nachzukommen“, erklärt de Vregille.
Bei einer Apostolischen Visitation entsendet der Papst oder eine zuständige kirchliche Autorität einen Beauftragten, um die Lebensführung und Struktur einer Diözese, eines Ordens oder einer kirchlichen Einrichtung zu überprüfen. Die Visitation wird vom Dikasterium für Laien, Familie und Leben durchgeführt werden; wer genau sie durchführen wird, ist noch nicht bekannt.
Umgang mit sexueller Gewalt in der Kritik
Im Juli 2024, habe die Gemeinschaft begonnen, sich mit dem Thema Leitungsstrukturen zu beschäftigen. Rasch sei deutlich geworden, dass es „nötig geworden ist, unsere Funktionsweisen zu überprüfen“. In den zentralen Leitungsgremien der Gemeinschaft seien verschiedene Auffassungen darüber deutlich geworden, welche Verbesserungen anzustreben seien. In der Folge richtete die Gemeinschaft vier Arbeitsgruppen, die sich mit der Internationalität in der Gemeinschaft, der Jugendpastoral, der Rolle des Moderators und der Zusammenarbeit der verschiedenen Hierarchieebenen befassen.
Laut der Zeitung „La Croix“ erfolgt die Entscheidung zur Visitation im Zusammenhang mit interner Kritik im Umgang mit Missbrauchsfällen, die im Rahmen der Gemeinschaft stattgefunden haben. Es fehle an Gewaltenteilung, lokalen Konfliktmanagementstellen und einer sauberen Funktionsweise der internen Anlaufstelle der Emmanuel-Gemeinschaft für sexuelle Gewalt, zitiert „La Croix“ mehrere interne Quellen.
Die deutsche Provinzleitung der Gemeinschaft Emmanuel bestätigte gegenüber dieser Zeitung lediglich, dass die Visitation deshalb durchgeführt werde, weil die Gemeinschaft „selbst darum gebeten“ habe. Inhaltlich gehe es um die Umsetzung der Statuten sowie unsere „Leitungsstrukturen“.
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