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ZdK-Vize „Wir werden uns auch mit uns selbst beschäftigen“

Das ZdK will in Zukunft in gesellschaftspolitischen Fragen die Stimme erheben. Gleichzeitig möchte man auch den Synodalen Weg weiter voranbringen.
Pressekonferenz Zentralkomitee der Katholiken
Foto: Marius Becker (dpa) | Die katholische Kirche sei etwa bei medizinethischen Fragen oder bei der Familien-, Klima- oder internationalen Politik immer noch gefragt, so die neue ZdK-Vizepräsidentin Claudia Nothelle.

„In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist die früher selbstverständliche Ansicht, die Kirchen seien der erste Ansprechpartner für alle wichtigen gesellschaftlichen Fragen, verloren gegangen. Die Stimme der Kirche ist eine unter vielen anderen geworden.“ Dies hat Claudia Nothelle, eine der neugewählten Vizepräsidentinnen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), auf eine Frage im Rahmen einer Pressekonferenz geantwortet, an der am Mittwoch die drei neugewählten Vizepräsidenten – neben Nothelle auch Birgit Mock und Thomas Söding – zusammen mit dem „alten und neuen“ Vizepräsidenten Wolfgang Klose teilnahmen.

In der Bundesrepublik des 21. Jahrhunderts angekommen

Mit der gerade am selben Tag vereidigten neuen Bundesregierung „sind wir“ – so Nothelle weiter – „in einer neuen Realität, in der Bundesrepublik des 21. Jahrhunderts angekommen. Das muss uns im Zentralkomitee ein Signal sein, dafür zu sorgen, dass die Gottesfrage präsent bleibt.“ Die katholische Kirche sei etwa bei medizinethischen Fragen oder bei der Familien-, Klima- oder internationalen Politik immer noch gefragt: „Die Kirche kann und soll in diesen Fragen einen Beitrag einbringen.“

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Auf die Frage der „Tagespost“, wie das neue ZdK-Präsidium insbesondere nach dem Anfang Januar erfolgenden Umzug von Bad Godesberg nach Berlin seine Arbeit in der Beschäftigung mit kircheninternen Fragen – Stichwort „Synodaler Weg“ – und dem Hineinwirken in die Gesellschaft zu gewichten gedenke, und welche Schwerpunkte es in dem Bereich setzen möchte, wies Nothelle zunächst auf die Klausurtagung hin, die ebenfalls Anfang Januar das ZdK-Präsidium abhalten werde. Daher könne sie nicht sehr konkret antworten. Als Beispiel nannte sie jedoch die Frage des assistierten Suizids, die für den kürzlich zurückgetretenen ZdK-Präsidenten Thomas Sternberg stets sehr zentral gewesen sei. „Das wird uns auch weiterhin beschäftigen“. 

Eine konkrete Frage nannte indes ZdK-Vizepräsidentin Birgit Mock: „Wenn im Koalitionsvertrag die Abschaffung des § 219a steht, also des Werbeverbots für einen Schwangerschaftsabbruch, dann finde ich das eine dramatische Veränderung unserer Gesetzeslage.“ Aus ihrer langjährigen Erfahrung bei „Donum vitae“ könne sie behaupten, dass das deutsche System in seiner „Spannung zwischen dem Schutz des Lebens und der Entscheidungshoheit der Frau“ europa-, ja weltweit einzigartig sei.

Gegen Abschaffung des §219a

Im europäischen Vergleich seien die Abtreibungszahlen deshalb in Deutschland niedriger. „Wenn man aber für etwas, was in der Sache rechtswidrig ist – und der Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland rechtswidrig und strafbewehrt –, werben darf, dann ist das Gesetz grundsätzlich in Frage gestellt.“

In Berlin entstehen nach Wolfgang Kloses Ansicht neue Chancen, „denn Politik passiert nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in kleineren Kreisen, die sich zusammensetzen, um Dinge abzustimmen.“ Es sei wichtig, in Berlin Gesicht zu zeigen. „Natürlich warten nicht alle in Berlin auf uns. Es gibt genug andere Organisationen dort. Aber wir müssen genau hinschauen, wo wir unsere Stimme erheben können.“

Dies bedeute allerdings nicht, dass die Beschäftigung mit innerkirchlichen Fragen vernachlässigt werden soll. Claudia Nothelle: „Wir werden uns auch mit uns selbst beschäftigen, wir kommen nicht drum herum. Dafür ist die Kirche in einer schwierigen Situation: Wir müssen uns mit den eigenen Fragestellungen, mit den Anfragen von außen und von innen auseinandersetzen. Wir müssen Transparenz schaffen; sonst kommen wir nicht aus dieser Situation heraus.“

Bedauern über Haltung Roms

Auf die Beziehungen zwischen dem Synodalen Weg in Deutschland und der von Papst Franziskus einberufenen weltweiten Synode kam der neue ZdK-Vizepräsident Thomas Söding zu sprechen: Eine große Schwierigkeit im Kontakt mit Rom bestehe darin, „dass Rom überhaupt nicht erwartet, dass es – in einem weltweiten Horizont betrachtet – nicht nur von bischöflicher Seite her, sondern auch von einer anderen Funktion her kompetente theologische Beiträge gibt, die kirchenreformerische Impulse aussenden.“

Er bedauere, so Söding, dass „Rom“ nicht auf den Vorschlag eingegangen sei, „dass das ganze Synodalpräsidium in Rom vorstellig wird.“ Deshalb „müssen wir in Rom immer wieder unsere eigene Kompetenz überhaupt zur Sprache bringen.“ Er interpretiere die weltweite Synode „als Zeichen nicht nur einer großen Unruhe, sondern auch Unsicherheit: An den verschiedenen Brandherden weltweit merkt man, dass die katholische Kirche nicht die richtigen Instrumente hat, um zu analysieren und zu diagnostizieren, geschweige denn zu therapieren.“

Für Söding ist die „entscheidende Frage“, dass nicht nur gemeinsam beraten, sondern auch gemeinsam entschieden werde: „Noch das letzte Dokument der Internationalen Theologenkommission macht eine klare Differenz: gemeinsam beraten, aber die Bischöfe entscheiden.“ Die Position des synodalen Wegs, dass gemeinsam beraten und gemeinsam entschieden werde, müsse etwa dadurch eingebracht werden, dass ein ständiger „Synodaler Rat“ in Deutschland etabliert werde.

Dafür „muss der Erwartungshorizont durchbrochen werden, weil die Erwartung herrscht, Ortskirchen werden durch Bischöfe repräsentiert, und die Laien haben in der zweiten Reihe zu verbleiben. Dass es nicht so sein muss, dass es sogar schlecht ist, wenn es so bleibt, das werden wir zur Sprache bringen.“ Das müsse auch auf der Weltbischofssynode so sein. Söding nannte „ein Unding“, dass in er „synodalen Zukunft der Kirche“ beraten und entschieden werde, und „Frauen haben weder Sitz noch Stimme.“

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