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Vor der COP28: Afrika und der Klimawandel

Um die Klimakrise zu meistern, muss der afrikanische Kontinent Reformen vorantreiben.  
Heute startet die UN-Weltklimakonferenz in Dubai.
Foto: Rafiq Maqbool (AP) | Heute startet die UN-Weltklimakonferenz in Dubai.

Als Katholik mag man zum Klimawandel stehen wie man will – dem zentralen Anliegen der an diesem Donnerstag beginnenden Weltklimakonferenz in Dubai (Conference Of the Partners, COP) kann man sich kaum entziehen: Verantwortung zu übernehmen für die Schöpfung, Maßhalten im Ressourcenverbrauch, Einstehen für Klima- und Umweltverschmutzung in der Vergangenheit. Was zwar durchaus besprochen, aber wohl dennoch kaum beleuchtet werden dürfte in der Luxusmetropole am Persischen Golf ist die Rolle des globalen Südens beim Klimawandel. Warum eigentlich?

Denn dort, wo der Klimawandel mit besonderer Wucht zuschlägt, etwa in Afrika, gibt es nicht nur die Armen, die zweifellos besonders leiden unter den klimatischen Veränderungen, sondern auch eine reiche, mitunter bis ins Mark korrupte Elite, die es schlicht und ergreifend wenig interessiert, welche Folgen der Klimawandel auf ihre Heimat hat und wie Schäden abgewendet werden könnten durch eigenes Handeln. So entsteht ein einigermaßen verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Gewiss: Im Globalen Süden bleiben Opfer Opfer, aber es sind auch Täter unter ihnen. Glück für sie, dass ihnen das Verstecken unter den Leidtragenden oft leicht fällt. Aber der Reihe nach.

Afrika muss den Klimawandel ernster nehmen

Die Bekämpfung der Klimakrise erfordert Verzicht auf fossile Energie. Das betrifft den industrialisierten Norden in besonderer Weise - denn der über die vergangenen rund 150 Jahre hierzulande aufgebaute Wohlstand basiert genau hierauf. Der Wandel hin zu erneuerbaren Energien ist mühsam und kostspielig. Die Industrieländer im Norden sind Hauptverursacher der schädlichen Treibhausgase. Zugleich ist aber auch der globale Süden gefragt: Viele Entwicklungsländer in Afrika stehen erst an der Schwelle zur Industrialisierung, sind zum Teil auch noch recht weit davon entfernt. Geht es nach der Logik der internationalen Klimapolitik, sollen sie erst gar nicht in die Phase fossiler Energienutzung treten, sondern gleich auf erneuerbare Energien setzen.

Es gibt Grund zur Hoffnung, dass dieser Weg funktioniert - denn in kaum einer anderen Weltregion gibt es mehr Potenzial an erneuerbaren Energien als in Afrika: Man denke an die Kraft der Sonne, die in fast allen Teilen des Kontinents in Überfluss vorhanden ist, aber auch an Wind- und Wasserkraft. Aber wird das ausreichen, um den stark steigenden Energiebedarf dieser Länder zu decken? Stichwort Südafrika: Immer wieder kommt es am Kap zu Stromausfällen, die ganze Städte lahmlegen und einer dauerhaften Entwicklung des Landes im Wege stehen, trotz seines Ressourcenreichtums. Der Kohleausstieg Südafrikas – einem Land mit reichem Kohlevorkommen - soll zwar kommen, doch angesichts der sich verschlechternden Energieversorgung ist fraglich, ob er wirklich durchgesetzt wird. Der Aufbau einer Versorgung aus erneuerbaren Energien ist kostspielig: Im Bereich der Solarenergie etwa müssen aufgrund mangelnder Speichermöglichkeiten viele kleinere Anlagen dezentral errichtet werden. Manche Länder in Afrika, etwa Kenia, haben durch ihre Lage am tektonisch aktiven Afrikanischen Graben großes Potenzial, Geothermie zu nutzen. Aber auch diese Kraftwerke erfordern große Investitionen inklusive eines teuren Netzaufbaus. Beim Bau von Wasserkraftanlagen stellt sich überdies immer auch die Umweltverträglichkeit in besonderer Weise. Der Aufbau von Anlagen für fossile Energiegewinnung ist zwar auch teuer, doch die Techniken sind erprobter und zum Teil auch schon vorhanden.

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Der Westen sollte sich zurückhalten

Hinzu kommt ein anderes, vielleicht noch wichtigeres Argument - es ist ethischer Natur: Steht es dem globalen Norden an, den globalen Süden daran zu hindern, seine im Boden ruhenden Schätze nach seinem Ermessen zu nutzen? Die Europäer haben es schließlich selbst über Jahrhunderte getan, um die eigene Entwicklung voranzubringen. Selbst wenn die eigenen fossilen Energien nicht selbst genutzt werden, kann der Handel mit ihnen doch gutes Geld bringen, siehe Nigeria (mit Erdöl und -gas), Angola (Erdöl und -gas) oder eben Südafrika (unabhängig davon, dass schon jetzt viele Einnahmen in den Taschen weniger Profiteure verschwinden, statt dem Gemeinwohl zu dienen). Und: Hätte der Westen in der Vergangenheit nicht so viel Treibhausgas in die Atmosphäre gepustet, wäre der Handlungsdruck heute nicht so hoch. Afrika würde so gesehen viel größeren Spielraum haben bei der Nutzung seiner Bodenschätze. Nicht ohne Grund ist die westliche Entwicklungszusammen-arbeit bei ihren Klimaprojekten mit den Staaten des globalen Südens sehr bewusst darauf bedacht zu betonen, man dränge sich nicht auf, sondern reagiere auf die Nachfrage aus dem Süden.

Neben der Nutzung fossiler Energie wirft die Förderung von Bodenschätzen weitere Fragen auf: Stichwort Coltan und Kobalt, die weltweit knapp sind, aber für Handy-Akkus und den Ausbau der E-Mobilität dringend gebraucht werden. Das zentrale Afrika verfügt über besonders reiche Lagerstätten, auf die deutsche Firmen längst ein Auge geworfen haben. Ihr Abbau ist oft mit großen Umweltrisiken verbunden. Zyniker mögen sagen: Dort lässt der Westen graben, aber seine Fossilien für die Eigennutzung soll Afrika im Boden belassen. Klar ist: Bei der Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien schwingen ebenfalls oft handfeste Interessen des Westens mit. Beispiel grüner Wasserstoff: Von ihm soll die Wirtschaft vor Ort profitieren, etwa in Namibia mit seinen reichen Vorkommen an Solarenergie, aber durch Export eben auch die westlichen Abnehmer, unter anderem Deutschland. Außerdem müsste der Haltungswandel hin zu einem sorgsameren Umgang mit der Schöpfung und ihren Ressourcen, den die Klimakrise dem Westen abverlangt, noch stärker auch in den Ländern des Südens einsetzen, zumindest bei den Mächtigen. 

Korrupte Eliten verhindern notwendige Reformen

Dass es daran mancherorts mangelt, zeigen nicht nur besonders krasse Fälle wie die Korruptionsskandale, von denen die südafrikanische Energiebehörde Eskom in der jüngeren Vergangenheit befallen ist. In der Demokratischen Republik Kongo profitiert ein undurchschaubares Geflecht von oft gewaltbereiten Gruppen und Einzelpersonen von der Ausbeutung der üppig vorhandenen Bodenschätze, darunter Diamanten und Gold. Im Nachbarland Zentralafrikanische Republik ist es ein Bündnis aus Regierung und Söldnern der russischen „Gruppe Wagner“, das große Summen am Abbau von Rohstoffen verdient. Simbabwes Sicherheitsapparat hat sich in den 2000er-Jahren durch seine Beteiligung am Krieg in Kongo Pfründe am Diamantenbergbau gesichert - Langzeit-Despot Robert Mugabe hatte den Deal damals eingetütet. Es gäbe weitere unrühmliche Beispiele aus Afrika.

Auf der COP wird es (wieder) viele Stimmen geben, die mehr internationale Zusammenarbeit im Einsatz gegen die Klimakrise aussprechen. Deutschland gehört zu den prominentesten. Für globale Probleme fordern sie globale Lösungen. Tatsächlich spricht viel dafür, die internationale Kooperation im Kampf gegen die Klimakrise zu stärken, denn die Erderwärmung kennt keine nationalen Grenzen. Darüber mag man lächeln im Zeitalter der Konferenzen und Absichtserklärungen - wer blickt angesichts der Vielzahl an Meetings noch durch? Aber gibt es bessere Möglichkeiten als internationale Lösungen für ein grenzüberschreitendes Problem? Ein guter, aber mühsamer Weg ist erfolgversprechender als nationale Alleingänge. 

Besteht zaghafte Hoffnung auf Veränderung?

Dass sich jetzt auch Afrika sich in diese Richtung bewegt, zeigt der erste Afrikanische Klimagipfel im vergangenen September in Nairobi. Sein Ansatz: Wir müssen uns auf unserem Kontinent selbst um das drängende Klimaproblem kümmern, das uns selbst in besonderer Weise betrifft – im Sahel etwa durch die fortschreitende Ausbreitung der Wüste, im südafrikanischen Hochland durch immer spärlichere Regenzeiten, im Westen des Kontinents durch ein Vordringen der Trockensavanne in südliche Gefilde, was zunehmende Konflikte zwischen Nomaden und sesshaften Bauern nach sich zieht - ein Grundübel etwa in Nigeria, Afrikas bevölkerungsreichstem Staat. Es ist auch oft Auslöser für religiös aufgeladene Konflikte.

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In Afrika selbst ist das Bekenntnis zum Multilateralismus also durchaus präsent. Man denke auch an die Gründung der Afrikanischen Union 2002: Ihr liegt die einfache Erkenntnis zugrunde, dass man zusammen mehr erreichen kann und die afrikanische Integration allen 54 Staaten des Kontinents dient. Mit Blick auf globale Fragen besteht allerdings keine klare Haltung. China und seit einigen Jahren auch Russland sind willkommene Partner. Das überrascht zunächst nicht, denn die Konditionen ihrer Angebote scheinen in mancherlei Hinsicht attraktiver zu sein als die des Westens, der die Fahne des Multilateralismus hochhält. Zur Finanzierung von Programmen zur Behebung von Klimaschäden, unter denen gerade Afrika leidet, tragen die beiden Großmächte jedoch wenig bis gar nichts bei.

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