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Verspottet die US-Demokratin Gretchen Whitmer hier die Eucharistie?

In einem Video legt die Gouverneurin von Michigan einer Influencerin einen Chip in den Mund. Die Szene soll die Halbleiterindustrie bewerben, erinnert jedoch stark an den Kommunionempfang.
Michigans demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer
Foto: IMAGO/Tom Williams (www.imago-images.de) | Nach der Kritik an dem Video veröffentlichte Whitmer umgehend eine Stellungnahme, in der sie beteuerte, sie würde nie etwas tun, das den Glauben anderer Leute verunglimpfe.

Hat Michigans demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer die heilige Kommunion verspottet? Nach einem vor wenigen Tagen in den Sozialen Medien hochgeladenen Kurzvideo werfen ihr viele Katholiken in den USA dies vor. In dem nur wenige Sekunden langen Clip, den die TikTok-Influencerin Liz Plank auf ihrem Profil veröffentlichte, sieht man, wie Whitmer einen Dorito-Chip auf Planks Zunge legt, die mit geschlossenen Augen und geöffnetem Mund vor der einflussreichen demokratischen Politikerin kniet. Whitmer trägt dabei eine Kappe mit der Aufschrift „Harris/Walz“. In ihrer Choreografie erinnert die Szene stark an den Eucharistieempfang. 

Die Kritik an dem Video, das offenbar den von der Biden-Regierung 2022 verabschiedeten „CHIPS and Science Act“ zur Förderung der amerikanischen Halbleiterindustrie auf unkonventionelle Art und Weise bewerben soll, folgte prompt: „Was Whitmer getan hat, ist eine Verspottung der Heiligen Kommunion“, erklärte Bill Donohue, der Vorsitzende der katholischen Bürgerrechtsorganisation „Catholic League“, in einer Stellungnahme. Whitmer habe damit die Katholiken im ganzen Land beleidigt. Dies sei „Ausdruck alter antikatholischer Bigotterie“. 

Zahlreiche kritische Stimmen

Auch der EWTN-Moderator Raymond Arroyo verurteilte das Video. „Was auch immer Gouverneurin Whitmer hier zu tun gedachte, es war fast in jeder Hinsicht falsch. Sakramente zu verspotten, dürfte ihr keine Stimmen von Katholiken einbringen – und auch nicht von irgendeinem anderen Wählerblock.“ Ashley McGuire von der katholischen Lobbygruppe „The Catholic Association” erklärte gegenüber dem „National Catholic Register“: „Das Gretchen Whitmer Katholiken verspottet, überrascht nicht, da sie eine Partei vertritt, die gegenüber unserem Glauben nichts als Feindseligkeit bewiesen hat.“ 

Veröffentlicht wurde das Video mit einem Begleittext, einer sogenannten „Caption“, die einen direkten Bezug zum „CHIPS Act“ herstellt. Darin heißt es wörtlich: „Chips sind nicht nur köstlich, der CHIPS Act verändert alles für die US-Techbranche und das verarbeitende Gewerbe, indem er die heimische Produktion von Halbleitern fördert, um die Abhängigkeit von ausländischen Herstellern zu reduzieren. Donald Trump würde das aufs Spiel setzen.“

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Einige Online-Nutzer verteidigen die in dem Video dargestellte Szene mit dem Verweis, dabei handele es sich um einen auf der Plattform „Tiktok“ gerade populären Trend, eine andere Person mit etwas zu füttern. Den Trend üben meist Paare oder Freunde aus, indem sie sich Essen auf einem Löffel oder einer Gabel in den Mund schieben, jedoch nicht in kniender Position. Die katholische Bischofskonferenz des Bundesstaates Michigan äußerte Zweifel an der Absicht, den beschriebenen Tiktok-Trend nachzustellen: „Der Spott geht über den viralen Online-Trend hinaus, da er insbesondere die Haltung und Geste von Katholiken beim Empfang der Heiligen Kommunion nachahmt, in der Jesus Christus unserem Glauben nach wahrhaft präsent ist“, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Paul A. Long. 

Whitmer entschuldigt sich, Harris muss Konsequenzen fürchten

Im Lager der Gouverneurin hatte man wohl nicht mit derart negativen Reaktionen gerechnet. Whitmer veröffentlichte umgehend eine Stellungnahme, in der sie beteuerte, sie würde nie etwas tun, das den Glauben anderer Leute verunglimpfe. „Ich habe meine herausgehobene Position in meinen 25 Jahren im Staatsdienst dazu genutzt, mich für die Rechte der Bürger einzusetzen, ihre persönlichen religiösen Überzeugungen zu vertreten und auszuüben.“ Das Video sei als etwas interpretiert worden, „was es nie sein sollte, und dafür entschuldige ich mich“. Zudem habe sie bereits mit der Bischofskonferenz des Bundesstaates gesprochen. Deren Vorsitzender Long bestätigte dies, hielt aber an der Kritik fest.  

Der Vorfall ist auch deshalb so brisant, weil er die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris wichtige Stimmen im US-Wahlkampf kosten könnte. Michigan ist einer der wahlentscheidenden „Swing States“, der zwischen Demokraten und Republikanern sehr hart umkämpft ist. In dem Staat leben etwa 1,1 Millionen Katholiken, was einem Anteil von 20 Prozent an der Gesamtbevölkerung entspricht. Damit sind Katholiken eine entscheidende Wählergruppe in Michigan. Sollten sich einige von ihnen nach dem jüngsten Video entscheiden, nicht für Harris zu stimmen, könnte das die Demokratin den Sieg in dem Staat kosten.

Darüber hinaus steht die Partei von Kamala Harris in Michigan noch vor einer weiteren Herausforderung: In dem Staat im Mittleren Westen, der an die Großen Seen grenzt, gibt es einen großen muslimischen Bevölkerungsanteil. In dieser Gruppe drohen den Demokraten ohnehin schon Verluste, da viele Muslime nicht mit der Nahostpolitik des amtierenden Präsidenten Joe Biden einverstanden sind, der weiterhin eng an der Seite Israels steht. Bei der letzten Wahl 2020 hatte Biden den Staat noch mit 154.000 Stimmen Vorsprung vor Trump gewonnen.  DT/mlu

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