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Taiwan muss ein freies Land bleiben

Peking droht mit Gewalt - Nancy Pelosi bekräftigt die Position der Vereinigten Staaten.
Pelosi auf Asien-Reise - Taiwan
Foto: Uncredited (TTaiwan Presidential Office/AP) | Auf diesem vom taiwanesischen Präsidialamt veröffentlichten Foto kommen Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, und Tsai Ing-wen, Präsidentin von Taiwan, zu einem gemeinsamen Treffen.

Nancy Pelosi, die 82-jährige „Sprecherin“ des US-Repräsentantenhauses, ist in Taipeh herzlich empfangen worden. An Taipehs 508 Meter hohem Wolkenkratzer „101“ prangte in Leuchtschrift „Welcome Speaker Pelosi“ und „Thank you“. Präsidentin Tsai Ing-wen ehrte die Kalifornierin für ihren jahrzehntelangen Einsatz für Taiwan mit einer hohen Auszeichnung. Pelosi traf unter anderem mit dem Vizepräsidenten des taiwanischen Parlamentes Tsai Chi-chang zusammen, der am 20. Juli auch die Vizepräsidentin des Europaparlamentes, Nicola Beer (FDP), in Taipei empfangen hatte. 

Pelosis Besuch stärkt den Taiwanern den Rücken. Der Zeitpunkt ihres Besuches mag kritisch sein. Aber welcher Termin hätte den Machthabern in Peking je gepasst? Dass man dort wüste Drohungen ausstieß, Militäraktionen ankündigte und jetzt auch Seemanöver durchführt, ist nur die Fortsetzung der bisherigen Aggressionen gegen die demokratisch regierte Insel. Die Gewaltdrohungen Pekings gegenüber Taiwan sind dabei völkerrechtswidrig. Keinen einzigen Tag wurde Taiwan je von der kommunistischen Volksrepublik regiert. Taiwan hat im Unterschied zu Festlandchina eine frei gewählte Regierung. Es hat eigene Streitkräfte und unterhält offizielle diplomatische Beziehungen mit dreizehn Staaten, auch mit dem Vatikan. Selbst wenn man Taiwan nicht als Staat anerkennt, ist es mindestens ein „stabilisiertes de-facto-Regime“, gegenüber dem auch das Gewaltverbot der UN-Charta gilt.  

Die USA liefern die nötigen Waffen

Das freilich ignorieren die Machthaber in Peking. Seit langem planen sie auch die gewaltsame Eroberung Taiwans. Mit ihrer massiven Rüstung haben sie eine zunehmend gefährliche Lage für die Insel geschaffen, die nur rund 200 Kilometer vom Festland entfernt liegt. Aus eigener Leistung und durch den Schutz der USA konnte Taiwan bis jetzt seine Freiheit bewahren. Das muss so bleiben. Nancy Pelosi erklärte zurecht: „Amerikas Solidarität mit den 23 Millionen Menschen in Taiwan ist heute wichtiger denn je, da die Welt vor der Wahl zwischen Autokratie und Demokratie steht.“ 

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In einem Beitrag für die „Washington Post“ hatte sie zuvor die Menschenrechtsverletzungen in China beschrieben und auch die Festnahme von Kardinal Zen in Hongkong erwähnt, der inzwischen wieder auf freiem Fuß ist. Pelosi schrieb: „Angesichts der zunehmenden Aggression der Kommunistischen Partei Chinas sollte der Besuch unserer Kongressdelegation als unmissverständliche Erklärung verstanden werden, dass Amerika an der Seite Taiwans, unseres demokratischen Partners, steht, wenn es sich und seine Freiheit verteidigt.“ Sie erwähnte auch den „Taiwan Relations Act“, in dem sich die USA selbst verpflichteten, Taiwan die zur Selbstverteidigung nötigen Waffen zu liefern. 

„Zeitenwende“ deutscher China- und Taiwanpolitik nötig

Eine deutsche „Zeitenwende“ in der China- und Taiwanpolitik steht dagegen noch aus. Nicht nur trägt Deutschland nichts zur militärischen Sicherheit Taiwans bei. Es grenzt auch weiter führende taiwanische Politiker rigide aus. Während Taiwans Außenminister Wu letztes Jahr Brüssel, Prag und Bratislava besuchen konnte, muss der sympathische, offene und weltgewandte Diplomat um Deutschland einen Bogen machen. 

Auf die Frage der „Tagespost“ bei einer Pressekonferenz im Außenministerium in Taipeh im Juli, ob er eine Einladung zu einer Veranstaltung in Deutschland annähme, erklärte Wu: „Seit ich Außenminister bin, war es mir nicht möglich, Deutschland zu besuchen. Nicht weil ich das nicht gewollt hätte, sondern weil ein solcher Besuch das Einverständnis beider Seiten benötigt. Wenn es mir die deutsche Regierung erlaubte und mich eine Institution in Deutschland einlüde, zum Beispiel eine Rede zu halten oder an anderen Veranstaltungen teilzunehmen, wäre ich natürlich sehr glücklich."

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