Die Welt steht vor einem schweren Rückschlag bei den Bemühungen, den Hunger zu beenden. Das geht aus dem heute von der Welthungerhilfe vorgelegten Welthunger-Index (WHI) 2022 hervor, in dem die Hungersituation weltweit nach Regionen und auf Länderebene dargestellt wird. Der neue Bericht untersucht die Ernährungslage in 129 Ländern. 46 Länder werden demnach bis 2030 voraussichtlich noch nicht einmal ein niedriges Hungerniveau erreichen. Afrika südlich der Sahara sowie Südasien sind erneut die Regionen mit den höchsten Hungerraten. Bewaffnete Konflikte, der Klimawandel und die Corona-Pandemie würden sich gegenseitig verstärken und hätten dazu geführt, dass 2021 bis zu 828 Millionen Menschen hungern mussten, heißt es in dem Bericht. Besonders dramatisch sei die Lage am Horn von Afrika, wo die schlimmste Dürre seit vier Jahrzehnten herrscht. In Somalia würden Menschen in einigen Regionen bereits eine lebensbedrohliche Hungersnot erleben. Der Krieg in der Ukraine habe die verschiedenen Krisen noch einmal massiv verschärft. Russlands Krieg ist somit auch einer gegen die Ärmsten der Armen.
Globale Verschlechterung
Es ist davon auszugehen, heißt es in dem Bericht weiter, „dass sich die Situation angesichts der sich überlappenden globalen Krisen noch weiter verschlechtern wird. Bleiben grundlegende Veränderungen aus, wird das Ziel Zero Hunger bis 2030 nicht erreicht. Es gibt kein Erkenntnisproblem über den Kampf gegen den Hunger in der Welt. Lösungsansätze und der Umfang erforderlicher Investitionen sind bekannt und beziffert. Das Problem besteht vielmehr in der politischen Umsetzung und im fehlenden politischen Willen in der Welt.“ Die internationale Gemeinschaft müsse dringend auf die eskalierenden humanitären Krisen reagieren. Der Welthunger-Index zeige in diesem Jahr, wie wichtig es sei, die Ernährungssysteme gerecht, nachhaltig und krisenfest zu gestalten.
Preise steigen
Die Welthungerhilfe warnt zugleich vor den Folgen einer weiteren Kürzung der Lebensmittelhilfe für den Südsudan. Die Zahl der Hungernden habe schon jetzt einen neuen Rekord erreicht. Seit der Staatsgründung vor 11 Jahren hätten noch nie so viele Menschen gehungert wie jetzt. Gestiegene Preise auf dem Weltmarkt, die gravierenden Auswirkungen des Klimawandels und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie hätten dazu geführt, dass fast zwei Drittel der Bevölkerung im Südsudan auf Hilfe angewiesen sind, berichtet Malteser International. 7,7 Millionen Menschen seien dort nach Angaben der UN derzeit nicht in der Lage, sich selbst ausreichend zu ernähren.
„Das ist eine alarmierende Situation. Denn gleichzeitig wird es auch für uns schwieriger, die Menschen ausreichend zu versorgen. Durch die Preissteigerungen für Weizen, Speiseöl und Benzin werden unsere Hilfslieferungen teurer und wir können weniger Menschen erreichen. Zeitgleich hat auch die UN ihre Leistungen erneut streichen müssen, weil ihre Hilfe im Südsudan unterfinanziert ist. Wir benötigen für diese Hungerkrise im Südsudan dringend mehr Geld, denn sonst werden Menschen, vor allem Frauen und Kinder, hungern“, erklärte Roland Hansen, Leiter der Afrikaabteilung von Malteser International. DT/chp