Die ruandische Regierung hat im Rahmen ihrer Inspektion von Glaubensgemeinschaften 47 katholische Pfarrgemeinden geschlossen. Das erfuhr „die Tagespost“ exklusiv aus Kreisen der Bischofskonferenz. Bislang gab es insgesamt 231 katholische Pfarrgemeinden, rund ein Fünftel davon darf nun vorläufig nicht weiter betrieben werden. Drei der geschlossenen Gemeinden konnten aber bereits wieder eröffnet werden, wie „die Tagespost“ erfuhr. Dabei handelt es sich um die Gemeinde in Kibeho, die neben der Pfarrkirche die bekannteste Wallfahrtsstätte des Landes beheimatet, sowie die Gemeinden Ruyenzi und Kiruhura.
Die Gründe für die Schließungen seien je nach Pfarrei unterschiedlich, so der Generalsekretär der ruandischen Bischofskonferenz, Vedaste Kayisabe, im Gespräch mit „der Tagespost“. So habe das „Rwanda Governance Board“, die für Glaubensgemeinschaften zuständige Behörde, unter anderem fehlende Zufahrten für Rettungsfahrzeuge, sowie fehlenden Lärmschutz oder eine fehlende Registrierung bei der jeweiligen Distriktsverwaltung bemängelt. „Die Schließungen sind aber willkürlich erfolgt, denn viele von den Gemeinden, die geschlossen wurden, waren in einem besseren Zustand als andere, die offen geblieben sind. Die Beurteilung hing sehr von der jeweiligen Entscheidung der Bezirksleitung ab“, kritisiert Kayisabe.
Empfang der Sakramente eingeschränkt
Die Bischöfe seien besorgt über die Situation, so der Generalsekretär weiter. „Denn die Pfarrgemeinden können nun keine heilige Messe mehr feiern, keine Beerdigung oder Taufe veranstalten. Die Praktizierung der Sakramente allgemein ist nur noch eingeschränkt möglich.“ Deshalb seien die Priester nun angewiesen, die Gläubigen zu Hause zu besuchen, um dort mit ihnen zu beten. Die Gemeinden arbeiteten bereits daran, die von der Regierung genannten Mängel zu beheben, um bald möglichst wieder eröffnen zu können. Bislang hätten die Distrikte aber keine Auskunft darüber erteilt, bis wann die Wiedereröffnung möglich sei.
Das „Rwanda Governance Board“ hat seit Anfang August im Rahmen einer landesweiten Inspektion von Gotteshäusern rund 8000 Einrichtungen schließen lassen, wie die Behörde in einer Presseerklärung mitteilte. Das ist über die Hälfte aller Gebetsstätten im Land. Betroffen sind neben der katholischen Kirche vor allem Freikirchen, aber auch die Anglikanische Kirche und Moscheen.
Den Einrichtungen wurde vorgeworfen, sich nicht an das „Gesetz über die Organisation und die Arbeitsweise religiöser Organisationen“ zu halten, das verschiedene Vorgaben zur Sanitärausstattung, sowie zur Ausbildung der Gemeindevorsteher und zum Schutz vor „Lärmbelästigung“ definiert. Die Regierung möchte damit vor allem Sekten und Glaubensgemeinschaften, die die Menschen finanziell ausbeuten, einen Riegel vorschieben. Freikirchliche Gemeinden mit starkem Personenkult haben in den letzten Jahren in Ruanda wie in anderen Teilen Afrikas einen starken Zulauf erfahren. Nach wie vor sind allerdings rund 45 Prozent der ruandischen Einwohner katholisch. Den Religionsgemeinschaften war ab 2018 eine Übergangsfrist gewährt worden, um Anpassungen an die neuen Regelungen zu treffen. (DT/vwe)
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