Was ist schlimmer, Björn Höcke auf der Regierungsbank oder ein Minister mit Stasi-Vergangenheit? Das fragt sich nun mancher mit Blick auf die Regierungsbildung in Thüringen. Tilo Kummer, der Umweltminister vom BSW, war Wehrdienstleistender beim Wachregiment Felix Dzierzynski, also beim militärischen Arm der Stasi. Kummer, der heute 56 ist, verpflichtete sich vor 37 Jahren. Kann man ihm eine Entscheidung heute noch vorhalten, die er mit 19 getroffen hat? Es ist richtig, diesen biographischen Hintergrund zu thematisieren. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, was ein Minister von heute damals gedacht hat. Es wäre auch an der Zeit, dass Kummer sich selbst dazu äußert.
Ebenso muss die Frage nach der ideologischen Kontinuität erlaubt sein. Kummer war in der Linkspartei, bevor er zum BSW wechselte. Setzt sich hier eine rote Linie fort? In gewisser Weise sicherlich. Aber bitte Vorsicht bei Ad hoc-Urteilen und Pauschalisierungen. Damit dieser Fall sachlich thematisiert werden kann, darf er nicht skandalisiert werden.
Kein Grund zum Jubeln
Zurück zu Höcke: Wäre eine Beteiligung von ihm und seinen Getreuen eine Alternative zur Brombeer-Koalition? Natürlich nicht. Kummer mag in seiner Jugend Kommunist gewesen sein, Höcke ist jetzt ein völkischer Nationalist. Das BSW ist in seiner Russophilie höchst problematisch, aber es diffamiert nicht unsere Republik als System, das es zu bekämpfen gelte.
Thüringen hat nun eine Regierung des kleineren Übels. Das ist kein Grund zum Jubeln. Und die Koalition steht unter ständiger Feindbeobachtung. Die AfD lauert auf die nächsten Fehler. Mario Voigt muss schnell Erfolge liefern.
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