Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Otfried Preußler im Visier

Ein Gymnasium will nicht mehr wie der berühmte Kinderbuchautor heißen. Der Grund: Preußlers Verhalten als Jugendlicher in der NS-Zeit.
Ein Gymnasium will nicht mehr wie der berühmte Kinderbuchautor Otfried Preußler heißen
Foto: imago stock&people

Es soll ein Lehrstück sein, dass das Gymnasium in Pullach abliefert. Das ist es auch, aber als Negativ-Beispiel. Otfried Preußler (1923-2013), der mit seinen Kinderbüchern wie "Räuber Hotzenplotz" oder der "kleinen Hexe" auch international Erfolge feierte, hat als Jugendlicher ein Werk verfasst, in dem NS-Gedankengut positiv dargestellt wird. "Erntelager Geyer" heißt es, es geht um den Erntehelfer-Einsatz einer HJ-Einheit auf dem Land. 17 oder 18 war Preußler damals, so alt wie auch die anvisierten Leser.

Lesen Sie auch:

Für die Schulgemeinde am Gymnasium in Pullach ist dies nun Grund genug, den Namen des Autors nicht mehr tragen zu wollen.

Zeigen, was lernen heißt

Aber ist das wirklich der richtige Weg, um sich mit der Geschichte des NS-Regimes auseinanderzusetzen? Natürlich ist es richtig, die Biographie des Autors in ihrer ganzen Bandbreite darzustellen. Es kann nicht um eine Heroisierung gehen. Aber eben auch nicht um eine totale Verurteilung. Gerade der Blick auf die Brüche in diesem Autorenleben verspricht Erkenntnis. Das Gymnasium in Pullach könnte am Beispiel ihres Namensgebers zeigen, was historisches Lernen tatsächlich heißen kann. Stattdessen hat man sich für die einfache Lösung entschieden.

Unabhängig davon steht fest: Das spätere Hauptwerk von Preußler ist frei von NS-Ideologie. Ganz im Gegenteil. Der Autor, der aus Böhmen stammte und diese Herkunft auch sein Werk prägen ließ, fand zum Beispiel auch in Tschechien ein Publikum. Auch künftig werden viele junge Leser in der ganzen Welt zu Preußlers Werken greifen.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Sebastian Sasse Das dritte Reich Otfried Preußler

Weitere Artikel

Was hat der Sozialstaat mit den Verbrechen des Nationalsozialismus zu tun? Über Hannah Arendt, Natalität und Weihnachten.
18.12.2025, 13 Uhr
Peter Schallenberg
Ausstellungsbesucher tauchen in 200 Jahre Theatergeschichte der Kaiserstadt ein. Die Legende Karajan wird kritisch hinterfragt und vom Sockel geholt.
15.12.2025, 15 Uhr
Gerd Felder
Die Künstlerin Katja Kottmann wuchs in Haltern am See auf. Dort entstand nach dem Zweiten Weltkrieg ein großes Lager für „Displaced Persons“. In einem Projekt geht sie deren Schicksal nach.
11.11.2025, 17 Uhr
Agnieszka Will

Kirche

Am Samstag kommen 10.000 Gott suchende Menschen: Gebetshausgründer Johannes Hartl freut sich auf die MEHR-Konferenz. Der „Tagespost“ erzählt er, wieso.
31.12.2025, 14 Uhr
Elisabeth Hüffer
Leo XIV. ruft zum gegenseitigen Austausch auf, um auch bei Missverständnissen den Weg zur Versöhnung zu ebnen. Wir veröffentlichen eine Reihe seiner deutlichsten Appelle.
31.12.2025, 14 Uhr
Redaktion
Vom Heiligen Jahr bis zum Synodalen Ausschuss, von vakanten Bischofssitzen zu eucharistischen Initiativen: Eine kleine kirchliche Jahresbilanz und Vorschau auf 2026.
31.12.2025, 10 Uhr
Regina Einig
Für Leo XIV. durchlebt die Welt eine Phase starker Konflikte, in der viele Mächte das schüren, was Franziskus als „Dritten Weltkrieg in Stücken“ bezeichnet hat.
30.12.2025, 14 Uhr
Redaktion