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„Nicht christlich, nicht frauenfreundlich, nicht menschlich“

Lebensrechtler zeigen sich entsetzt über den Beschluss der Evangelischen Frauen in Deutschland zum § 218 StGB.
Abschaffung des §218 gefordert
Foto: IMAGO/Sascha steinach (www.imago-images.de) | Der § 218 StGB, ist laut Cornelia Kaminski ein „hart errungener, gesellschaftlicher Kompromiss“, der eine „breite Zustimmung“ erfahre und „die Interessen der beteiligten Personen so gut wie möglich“ abwäge.

Die Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA), Cornelia Kaminski, hat die vom „Verband Evangelischer Frauen in Deutschland“ (EFiD) geforderte Streichung des Abtreibungsverbots aus dem Strafgesetzbuch kritisiert. Nach Ansicht der Lebensrechtlerin lasse die Forderung des Dachverbands „vor allem eines vermissen: jeden Hinweis darauf, dass von einem Schwangerschaftsabbruch ein ungeborenes Kind betroffen ist, dessen Leben damit ausgelöscht“ werde.

 „Unchristlich“ und „unmenschlich“

Anders als der EFiD dies in seinem Beschluss formulierte, gebe es „kein Recht auf sichere Abbrüche“. Und zwar schon deshalb nicht, weil, so Kaminski, „für mindestens einen der betroffenen Menschen jede Abtreibung nicht sicher, sondern tödlich ist, und es in einem funktionierenden Rechtsstaat niemals das Recht auf Tötung eines anderen, zumal völlig unschuldigen und wehrlosen Menschen geben darf.“

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Besonders erschreckend sei die Formulierung: „Das Schwangerschaftskonfliktgesetz könnte um eine Fristenregelung außerhalb des Strafgesetzbuchs ergänzt werden“. Damit erkläre der EFiD „die Fristenregelung zu einer Kann-Bestimmung, was im Umkehrschluss bedeutet, dass auch die vorgeburtliche Tötung von Kindern, die außerhalb des Mutterleibs überlebensfähig wären, offensichtlich tolerabel wäre. Diese Haltung ist nicht nur in hohem Maße unchristlich, sondern auch unmenschlich“, so Kaminski weiter.

Der § 218 StGB, ist laut Kaminski ein „hart errungener, gesellschaftlicher Kompromiss“, der eine „breite Zustimmung“ erfahre und „die Interessen der beteiligten Personen so gut wie möglich“ abwäge und dabei „unterschiedliche Perspektiven“ berücksichtige. „Dazu gehört auch die Perspektive der schwangeren Frauen, die gern das Kind zur Welt bringen würden, sich aber dem Druck ihres Umfelds ausgesetzt und zum Schwangerschaftsabbruch gedrängt fühlen.“ Der EFiD ignoriere jedoch auch diese Perspektive in seinem Beschluss und sei deshalb „auch noch frauenfeindlich“.

Defizitärer Diversitätsbegriff

Mit der Forderung, die „Beendigung einer ungewollten Schwangerschaft“ müsse Krankenkassenleistung werden, ignoriere der EFiD zudem „medizinische Tatsachen“ und verlasse „den Boden der Gewissens- und Religionsfreiheit“. Kaminski: „Abtreibungen sind keine Gesundheitsleistungen, denn eine Schwangerschaft ist keine Krankheit, die durch die Tötung des ungeborenen Kindes ,geheilt‘ werden könnte. Sollte diese Tötungshandlung auch noch durch die Krankenkassen finanziert werden, wäre jeder Beitragszahler gezwungen, diese gegen seine Überzeugungen mitzufinanzieren.“

Es mute beinah „wie Satire an, dass die Evangelischen Frauen ganz im Sinne einer diskriminierungsfreien Bildung ,diversitätssensible‘ Aufklärung forderten“, ihr Begriff von „Diversität aber ganz offensichtlich eine Vielzahl von Menschen – nämlich die vorgeburtlichen – komplett ausschließe. Eine schlimmere Diskriminierung als die, ihre Tötung nicht nur aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, sondern auch noch zu einem Recht umzuformulieren, ist kaum vorstellbar“, so Kaminski abschließend.

Wie der EFiD erst am Montag mitteilte, sei der Beschluss bereits am 5. Oktober auf der Mitgliederversammlung des EFiD in Hannover gefällt worden. Vorausgegangen seien dem Beschluss intensive Diskussionen mit weiteren Expertinnen wie Stevie Schmiedel und Antje Schrupp sowie Catharina Conrad vom Deutschen Juristinnenbund (DJB). Der DJB hatte am 8. Dezember 2022, dem Hochfest „Maria Empfängnis“, ein sogenanntes „Policy Paper“ veröffentlicht und darin ein „Neues Regelungsmodell für den Schwangerschaftsabbruch“ verfochten.

Der weitere Fahrplan

Der EFiD kündigte darüber hinaus an, seine Beschlüsse „sowohl in die Arbeitsgruppe 1 der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin der Bundesregierung als auch in die Meinungsbildungsprozesse der Diakonie Deutschland sowie in die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im November in Ulm einbringen“ zu wollen.  DT/reh

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Themen & Autoren
Meldung Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V. Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband Lebensschutz

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