Nur 46 Sekunden und ein paar sorgfältig gesetzte Treffer brauchte die algerische Boxerin Imane Khelif im Achtelfinale der Olympischen Spiele dazu, ihre italienische Kontrahentin Angela Carini zur Aufgabe zu zwingen. Nun sind olympische Boxerinnen keine Mimosen, die beim ersten Stups auf die Nase zu weinen beginnen. 2023 waren Imane Khelif und Lin Yu-ting aus Taiwan, ebenfalls bei den Olympischen Spielen zugegen, von der Weltmeisterschaft im Frauenboxen ausgeschlossen worden, weil sie mit deutlich erhöhten Testosteronwerten den Geschlechtstest nicht bestanden haben.
Die International Boxing Association fragt nun ihrerseits in einem aktuellen Statement, „warum das Olympische Komitee Athleten mit Wettbewerbsvorteilen die Teilnahme an ihren Wettkämpfen erlaubt“ und weist darauf hin, dass dies „ernsthafte Fragen sowohl zur Fairness im Wettbewerb als auch zur Sicherheit der Athleten“ aufweist. Das Olympische Komitee erklärt dazu kurz und knapp, sich bei der Feststellung des Geschlechts der Athleten auf deren Reisepass zu beziehen.
Das Olympische Komitee agiert im besten Fall blauäugig
Den bitteren Geschmack der Dragqueen-Show bei der Olympischen Eröffnungsfeier im Mund ist es naheliegend, hier einen weiteren Schlag einer woken Transgender-Ideologie zu wittern. Ganz so einfach ist es in diesem Fall nicht, da Khelif wohl in ihrem Heimatland bei der Geburt das Geschlecht weiblich „zugewiesen“ wurde. Die 25-Jährige hat also keine Transition hinter sich, sondern ist als Mädchen aufgewachsen. Allerdings soll ein DNA-Test ergeben haben, dass sie XY-Chromosomen hat, also biologisch ein Mann ist. Auch das männliche Erscheinungsbild spricht für sich. Damit fiele Khelif in die Kategorie „disorders of sexual development“ oder „intersex“, aber nicht „transgender“. Für Angela Carini und ihre Kolleginnen macht es aber keinen Unterschied, denn Fakt ist und bleibt: Es ist nicht nur unfair, sondern auch fahrlässig und gefährlich, biologische Männer am Damensport teilnehmen zu lassen – in manchen Sportarten sicherlich mehr als in anderen.
Leider erinnert das alles an eine andere Story, die nun schon zehn Jahre alt ist, aber nicht weniger aussagekräftig. Damals holte sich die MMA-Kämpferin Tamikka Brents in der ersten Runde gegen Fallon Fox einen Schädelbruch. Fallon Fox ist eine Transfrau. Und nicht genug, einige Jahre nach dem Kampf twitterte Fox: „Ich habe zwei (Frauen) ausgeknockt. Der Schädel der einen Frau war gebrochen, der der anderen nicht. Und nur damit Sie es wissen, ich habe es genossen. Sehen Sie, ich liebe es, TERFS (radikale Feministinnen, A.d.R.) im Käfig zu verprügeln, die transphoben Unsinn reden. Das ist Glückseligkeit!“ Soviel zum Thema Transfrauen seien Frauen.
Diese Attitüde legte Imane Khelif nicht an den Tag, soviel sei der Fairness halber ausdrücklich gesagt. Das Problem ist auch nicht Khelif selbst, sondern die, die solche Fälle entweder nutzen, um die Trans-Ideologie voranzutreiben, oder dieser bereits soweit verfallen sind, dass sie selbst nicht mehr merken, was da eigentlich passiert. Denn im besten Fall steckt hinter der Position des Olympischen Komitees unfassbare Blauäugigkeit und sträfliche Ignoranz. Doch die Sache hat ein Gutes, wie das Unbehagen zeigt, das der gestrige Vorgang international in den sozialen Medien hervorgerufen hat: Es wird immer deutlicher, dass der woke Opfer-Diskurs es zu weit getrieben hat, obwohl noch (!) niemand gestorben ist. Lange werden sich biologische Frauen das nicht mehr gefallen lassen.
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