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Leitartikel. Vom Wert der Arbeit

Arbeit adelt: Es gibt eine unglaubliche Fülle an Tätigkeiten, die ein Mensch ausüben kann. Von Sebastian Sasse
Erwerbslosenparlament in MV
Foto: Marcus Brandt (dpa) | ARCHIV - "Hauptsache Arbeit" steht am 28.03.2016 auf einem Plakat in einem Ladenfenster in Hamburg. Am 03.11.2017 tagt das Erwerbslosenparlament in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern).

Denn eben genau dadurch wird diese Tätigkeit zur Arbeit. Sie schafft Werte, die für die Gesellschaft wichtig sind, weil diese ihren Wohlstand sichern. Deswegen ist es richtig, wenn die Soziologen sagen, wir lebten in einer Arbeitsgesellschaft. Allerdings hat sich in den letzten Jahren die Vorstellung davon geändert, was alles wertvoll in diesem Sinne sein kann.

Heute redet man ganz selbstverständlich von Familienarbeit: Die Mutter, die ihre Kinder versorgt; die Frau, die ihren kranken Ehemann pflegt; die Großeltern, die auf ihre Enkel aufpassen. Und auch das Ehrenamt, letztlich eine Arbeit für das Gemeinwohl, wird heute stärker gewürdigt – egal ob es im Sportverein, einer Partei oder auch in der Kirchengemeinde geleistet wird.

Diese neue Wertschätzung ist richtig. Gleichzeitig dürfen wir aber nicht vergessen, wie wir die materielle Basis unseres Wohlstandes sichern. In der Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen sagen die Befürworter: Die Grundsicherung würde den Menschen dabei helfen, sich stärker auf diese anderen Formen der Arbeit konzentrieren zu können, frei von jedem Erwerbsdruck. Das klingt nicht nur nach Schlaraffenland. Dahinter steht auch letztlich ein falsches Menschenbild: Die wertschöpfende Arbeit, die Menschen in der Familie und für das Gemeinwohl leisten, sei nur dann endgültig anerkannt, wenn am Ende auch Geld dafür gezahlt werde. Genau das Gegenteil ist der Fall. Menschen leisten diese Art der Arbeit eben gerade nicht, weil sie sich materielle Anerkennung erhoffen. Sondern weil sie über ein staatsbürgerliches Ethos verfügen, weil sie, so wie es Aristoteles einst definiert, im Bürger den „Staatsfreund“ sehen, der sich deswegen für die öffentlichen Dinge einsetzt. Und schließlich ist hier über caritas zu sprechen, über die Liebe: Es wäre doch geradezu ein Demütigung der Betroffenen, wenn man glauben würde, dass Menschen, die ihre Kinder versorgen oder ihre Angehörigen pflegen, dies vor allem deswegen tun, weil sie für diese „Familienarbeit“ ein vom Staat gesponsertes Gehalt erwarten. Auf einem ganz anderen Blatt steht, dass die Bedingungen, unter denen diese Menschen diese wichtige Aufgabe leisten, sich verbessern. Die Stichworte lauten hier: flexiblere Arbeitszeiten, Home Office-Angebote, aber nicht bedingungsloses Grundeinkommen.

Schließlich: Bedingungslosigkeit steht quer zu den Gesetzen unserer Marktwirtschaft. Gewiss, sie ist sozial, und wir sollten das auch immer deutlich hervorheben. Aber die historische Leistung, die sich in unserem System widerspiegelt, besteht darin, „Markt“ und „soziale Verantwortung“ nicht gegeneinander auszuspielen. Beides ergänzt sich und stützt sich. Denn der Wettbewerb ist der Schlüssel zur Innovation. Gerade aber Deutschland lebt vom Ideenreichtum, vom Erfindergeist, von Kreativität. Der Wettbewerb ist der Motor dieser Kreativität. Wer aber bedingungslos alimentiert wird, der kann sich zurücklehnen. Er sitzt auf der Zuschauertribüne, statt auf dem Spielfeld mitzukicken. Siehe Wirtschaftsseite 7

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Aristoteles Ehrenamtliches Engagement Gemeinwohl

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