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Kinder und Jugendliche psychisch weiter stark belastet

Eine Studie zeigt: Corona macht Kinder und Jugendliche weiterhin zu schaffen, wie eine Studie zeigt. Verschärfend hinzu kommen weitere Krisen.
Maske im Unterricht
Foto: Sebastian Gollnow (dpa) | Eine Maske liegt in einer ersten Klasse einer Grundschule mit Wechselunterricht auf einem Mäppchen neben einer Karte, mit der die Kinder ihre Emotionen gegenüber der Corona-Krise anzeigen können.

Auch im dritten Corona-Jahr sind die psychischen Belastungen der Kinder und Jugendlichen immer noch höher als vor der Pandemie. Zudem wirken sich weitere Krisen wie der Ukraine-Krieg, die Inflation sowie die Energie- und Klimakrise negativ auf die seelische Gesundheit aus. Das zeigen aktuelle Ergebnisse der fünften Erhebung im Rahmen der COPSY-Studie (Corona und Psyche) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). 

Langfristige Konzepte notwendig

„Auch wenn die psychischen Beschwerden langsam zurückgehen, sind sie immer noch häufiger als vor der Corona-Pandemie. Daher brauchen wir jetzt niedrigschwellige, nachhaltige und langfristige Konzepte und Strukturen, um Kinder und Jugendliche mit psychischen Belastungen aufzufangen
und ihnen Hilfen anzubieten. Das ist wichtig, um für zukünftige Krisen gewappnet zu sein“, sagte Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der COPSY-Studie und Forschungsdirektorin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.

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Als Beispiel für konkrete Hilfen nannte eine Sprecherin der UKE auf Anfrage dieser Zeitung unter anderem den dauerhaften, flächendeckenden Ausbau von Schulpsychologen, Schulsozialarbeitern und ‚Mental Health Coaches’ an Schulen. 

Bei der Befragung im Herbst gaben 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen an, eine geminderte Lebensqualität zu haben. Während der Lockdowns im Jahr 2020 waren dies fast 50 Prozent. In dieser Zeit litten 31 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter psychischen Auffälligkeiten, nun sind es noch 23 Prozent. Dieser Wert ist deutlich höher als vor der Corona-Pandemie. Des Weiteren weist jedes vierte Kind Symptome von Ängstlichkeit auf, im Vergleich zu 15 Prozent vor der Pandemie. Auch Reizbarkeit, Schlafprobleme, Niedergeschlagenheit und Nervosität sind laut der Studie immer noch deutlich stärker ausgeprägt als vor der Pandemie. Jedes zweite Kind sei mindestens einmal wöchentlich von Kopf- oder Bauchschmerzen betroffen. Nur die Symptome von Depressivität lägen wieder auf dem Niveau vor der Pandemie.

Mehr Angst vor Krieg und Klimawandel

Unter den Zukunftssorgen der Kinder und Jugendlichen in Bezug auf aktuelle Krisen liegt Corona mit zehn Prozent mittlerweile deutlich hinter dem Klimawandel, dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise, um die sich zwischen 32 und 44 Prozent Sorgen machen.

Die aktuelle Erhebung bestätigt den bereits früher erhobenen Befund, dass stabile Familienverhältnisse die seelische Gesundheit junger Menschen positiv beeinflussen. Kinder und Jugendliche, die über ein gutes Familienklima und gute soziale Unterstützung berichteten, haben demnach ein deutlich geringeres Risiko für eine niedrigere Lebensqualität sowie psychische und psychosomatische Auffälligkeiten. Anders ist dies bei Kindern und Jugendlichen mit Eltern, die stark belastet sind, eine geringere Bildung haben, über beengten Wohnraum verfügen und / oder einen Migrationshintergrund aufweisen. In allen fünf Befragungswellen hatte diese Gruppe ein höheres Risiko für eine geringere Lebensqualität, für mehr psychische Gesundheitsprobleme, Angstsymptome und Anzeichen von Depressivität.  

Studienleiterin Ravens-Sieberer zufolge müsse den belasteten Kindern und Jugendlichen dringend geholfen werden, damit sie psychisch wieder gesundeten und im späteren Erwachsenenalter keine Langzeitschäden entwickelten. Sie betonte: „Unser besonderes Augenmerk benötigen benachteiligte Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Verhältnissen, die überdurchschnittlich betroffen sind.“

Seit Beginn der Pandemie 2020 erfasst die COPSY-Längsschnittstudie die seelische Gesundheit, die Lebensqualität, die psychosomatischen Beschwerden sowie Ressourcen und Risikofaktoren von Kindern und Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren. Die fünfte Befragungswelle fand im September und Oktober dieses Jahres statt.  DT/chu

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