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Kardinal Pizzaballa: „Zweistaatenlösung ist unausweichlich“

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem fordert Israelis und Palästinenser auf, „von vorne“ zu beginnen. Der einzige Ausweg liege im Dialog.
Kardinal Pierbattista Pizzaballa, lateinische Patriarch von Jerusalem
Foto: IMAGO/Mamoun Wazwaz \ apaimages (www.imago-images.de) | Kardinal Pizzaballa, der selbst seit 34 Jahren im Heiligen Land lebt, hält die Zweistaatenlösung für den einzigen Ausweg aus dem Nahostkonflikt.

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, hat erneut für eine Zweistaatenlösung im Heiligen Land plädiert. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit „Vatican News" erklärte er: „Wir müssen einen Punkt setzen und ganz von vorne beginnen, auf einer neuen und anderen Grundlage als in der Vergangenheit.“

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Alles, was in den vergangenen sechs Monaten geschehen sei, habe deutlich gezeigt, "dass die Zweistaatenlösung unausweichlich ist“. Es gäbe keine Alternative zu dieser Lösung, außer der Fortsetzung des Krieges, so Pizzaballa. Beide Parteien müssten innen heraus Veränderung zeigen und sich selbst neu überdenken. „Die beiden Gesellschaften, die sich in den letzten Jahren radikal und schnell verändert haben, müssen den Mut aufbringen, ihre eigene Gesellschaft zu überdenken“.

„Dieser Krieg wird uns alle verändern“

Kardinal Pizzaballa, der selbst seit 34 Jahren im Heiligen Land lebt, betonte weiter, dass sich in der Vergangenheit bereits „jemand Mutigeres“ um den „politischen Weg des Friedens“ bemüht hätte. Doch diese Versuche seien immer „von oben nach unten“ verlaufen. Diese Vereinbarungen, Verhandlungen und Kompromisse „sind alle kläglich gescheitert“. Nun brauche es eine Kehrtwende im Dialog, der einen Weg einschlagen muss „der von unten nach oben führt. Ich wiederhole: Es wird anstrengend sein, aber ich sehe keinen anderen Weg“. Der einzige Ausweg könne, so Pizzaballa, nur im Dialog mit dem anderen gefunden werden, wenn dabei auch dessen Schmerz als berechtigt anerkannt werden kann. „Dieser Krieg wird uns alle verändern“, ermahnte der lateinische Patriarch und fügte hinzu: „Nichts wird mehr so sein wie vorher.“

Die Gründe für den „in verschiedenen Formen seit 76 Jahren“ andauernden Konflikt seien sehr komplex und über die Jahrzehnte hinweg unterschiedlich. Der Kardinal erinnerte den Westen: „Es ist falsch, den israelisch-palästinensischen Konflikt mit dem Geist eines Fußballderbys zu behandeln. Auch im Westen besteht die Notwendigkeit, miteinander zu reden, sich zu konfrontieren, sich zu dokumentieren. Außerdem muss man natürlich beharrlich für den Frieden beten.“

Papst Franziskus betet für Zweistaatenlösung

Zwar sei es nicht Aufgabe der Kirche, eine politische Vermittlerrolle einzunehmen, trotzdem könne die Kirche laut Pizzaballa Beziehungen aufbauen und Verständnis füreinander schaffen, weil ihrer Stimme im öffentlichen Diskurs ein größeres Gewicht beigemessen werde. Dies komme auch daher, dass die Christen keiner einzigen Seite zuzuordnen seien, außer der der Leidenden. Pizzaballa erklärte: „Die Kirche fördert den Dialog und die gegenseitige Anerkennung. Und das tun wir in erster Linie in der Gesellschaft, aber auch zwischen den Institutionen als Ausdruck der Gesellschaft.“ Auch die Worte des Papstes würden von allen Seiten mit großer Aufmerksamkeit beobachtet werden.

Papst Franziskus hatte sich laut „Vatican News“ erst am Mittwoch bei seiner Generalaudienz erneut für eine Zweistaatenlösung ausgesprochen und gebetet: „Beten wir auch für den Nahen Osten, für Gaza: man leidet so sehr dort, im Krieg. Für den Frieden zwischen Palästina und Israel, damit es zwei Staaten seien, frei und mit guten Beziehungen. Beten wir für den Frieden.“ DT/jmo

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