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Jurist mahnt mehr Einzelfallprüfungen bei Familiennachzug an

Deutschland muss beim Familiennachzug von Flüchtlingen nach Worten des Potsdamer Juristen Andreas Zimmermann künftig stärker den Einzelfall prüfen.
Familiennachzug
Foto: Swen Pförtner (dpa) | Familiennachzug - ein komplexes Thema. Foto: Swen Pförtner/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Dies ergebe sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, schreibt Zimmermann in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag). Insbesondere gelte es dabei zu beachten, dass "das jeweilige Wohl etwaig betroffener Kinder bei allen Entscheidungen im Zentrum der Überlegungen stehen" müsse.

In dem Gesetzentwurf von Union und SPD sei zwar vorgesehen, dass einem Ausländer aus völkerrechtlichen Gründen der Familiennachzug gestattet werden könne, so der Experte. Es sei jedoch strittig, ob diese Regelung in das allgemein vorgesehene Kontingent von 1.000 nachzugsberechtigten Personen pro Monat einzubeziehen sei. Eine gesetzliche Konkretisierung müsse "in signifikant größerem Umfang eine Einzelfallprüfung, namentlich was den Nachzug von oder zu Kindern anbelangt, ermöglichen". Andernfalls könnte Deutschland gegen völker- und menschenrechtliche Verpflichtungen verstoßen.

Der Bundestag will heute über den Familiennachzug bei Flüchtlingen mit eingeschränktem (subsidiärem) Schutzstatus entscheiden. Union und SPD hatten sich erst am Dienstag auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf geeinigt; dieser erhielt im Hauptausschuss bereits Grünes Licht.

Der Familiennachzug bleibt demnach weiter ausgesetzt. Spätestens ab August sollen aber monatlich 1.000 Personen - Eltern, Ehegatten oder minderjährige Kinder - mit einem humanitären Visum nachziehen können. Mit dieser sogenannten Kontingentlösung fällt zugleich der Rechtsanspruch auf Nachzug weg.

Wie bislang soll zusätzlich eine generelle Härtefallklausel gelten. Von ihr konnten bislang nur knapp 70 Personen profitieren. "Eine völkerrechtlich gebotene maßgebliche Berücksichtigung des Kindeswohls hätte in deutlich höherem Maße" zu positiven Entscheidungen führen müssen, mahnt Völkerrechtler Zimmermann. Die genauen Modalitäten sollen in den kommenden Monaten erarbeitet werden.

Dem Plenum liegen weitere Gesetzentwürfe von AfD, FDP und Linkspartei sowie ein Antrag der Grünen vor. Der 2015 eingeführte Familiennachzug für eingeschränkt Schutzberechtigte wurde angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen kurz darauf für zwei Jahre ausgesetzt. Die Frist dafür läuft Mitte März aus.

KNA / jbj

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