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Hammer-Urteil: „Tiefgefrorene Embryonen sind Kinder“

Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates Alabama hat einen bizarren Fall entschieden – Kritiker warnen vor weitreichenden Folgen.
Tiefgefrorene Embryonen sind Kinder
Foto: Si And Si via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Nitrogen-Flüssigkeit läuft aus einem Kryotechnik-Behälter mit tiefgefrorenen Eizellen und Embryonen.

Tiefgefrorene Embryonen sind Kinder. Wer sie absichtlich oder fahrlässig tötet, kann zu Schadenersatzzahlungen verurteilt werden. Das hat Ende vergangener Woche der Oberste Gerichtshof des US-amerikanischen Bundesstaates Alabama entschieden. Geklagt hatten drei Elternpaare, die sich einer In-vitro-Fertilisation (IVF) unterzogen hatten und die verbleibenden Embryonen einfrieren ließen.

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Laut dem Urteil drang im Dezember 2020 ein Patient eines Krankenhauses in Mobile, in dem die tiefgefrorenen Embryonen aufbewahrt wurden, durch eine „ungesicherte Tür“ in die Fruchtbarkeitsklinik ein und entnahm mehrere Embryonen aus der Kryokammer. Durch die extrem niedrigen Temperaturen (-196 Grad Celsius), bei denen die Embryonen gelagert werden, „erfror“ die Hand des Patienten, der die Behälter mit den Embryonen zu Boden fallen ließ, wodurch sie zu Tode kamen. Drei der davon betroffenen Elternpaare verklagten daraufhin die Fruchtbarkeitsklinik wegen widerrechtlicher Tötung. Das erstinstanzliche Gericht vertrat die Auffassung, kryokonservierte Embryonen fielen nicht unter die Definition einer „Person“ oder eines „Kindes“ und wies die Klage ab.

 „Ungeborenes menschliches Leben ist heilig“

Der Oberste Gerichtshof des Bundesstaates sah das jedoch anders. In ihrem am Freitag veröffentlichten Urteil stellen die Richter fest, dass „extrauterine“ Embryonen – ungeborene Menschen, die sich „zum Zeitpunkt ihrer Tötung außerhalb einer biologischen Gebärmutter befinden“  – Kinder seien und In Alabama unter das Gesetz fallen, welches den unrechtmäßigen Tod von Minderjährigen regelt und ihren Eltern die Möglichkeit gibt, Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Wie der Oberste Richter Tom Parker in seiner Urteilsbegründung schreibt, habe sich „das Volk von Alabama“ eine öffentliche Ordnung gegeben und in dieser erklärt, „dass ungeborenes menschliches Leben heilig ist“. „Wir glauben, dass jeder Mensch vom Moment der Empfängnis an nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, von ihm geschaffen, um sein Ebenbild widerzuspiegeln.“

Kritiker befürchten weitreichende Folgen

Kritiker befürchten nun, dass, obwohl das Gericht die künstliche Befruchtung nicht verbot, das Urteil die Kosten für die Haftpflicht von Anbietern künstlicher Befruchtungen in die Höhe schnellen lassen könnte und die Preise für viele Familien unerschwinglich würden. Auch könne das Urteil medizinische Anbieter davon abhalten, Unfruchtbarkeitsbehandlungen durchzuführen, weil sie nun fürchten müssten, jedes Mal haftbar gemacht zu werden, wenn eine Behandlung nicht zu einer erfolgreichen Schwangerschaft führt. Auch könnte das Urteil dazu führen, dass Eltern gezwungen seien, lebenslange Aufbewahrungsgebühren für Embryonen zu zahlen, selbst dann, wenn sie keine weiteren Kinder wollten.  DT/reh

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