Seit dem 7. Oktober, dem Angriff der Hamas, ist nichts mehr so wie es war: verstörende antisemitische Kundgebungen auf den Straßen, seltsame oder unterlassene Äußerungen zu Israel bei gesellschaftlichen Verantwortungsträgern der Bundesrepublik. Woran liegt das?
Aus Sicht von Volker Beck, der nach seiner politischen Laufbahn bei den „Grünen“ nun als Präsident der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ wirkt, liegt dies „an 2.000 Jahren antijudaistischer Kultur und Tradition im Abendland. Bestimmte Bilder über den Juden, Legenden rund um Gottesmord, Brunnenvergiftung und Ritualmord sind tief verwoben in unsere Kultur bis hin zu Märchen und Kinderbüchern. Simon von Trient, angebliches Ritualmordopfer, hat es gar in den Heiligenkalender der katholischen Kirche geschafft. Das wirkt nach“, sagt Beck im Gespräch mit der „Tagespost“.
Arabischer Antisemitismus und Problemgruppen in der Bundesrepublik
Doch der 62-Jährige geht im Gespräch auch auf arabischen Antisemitismus in Deutschland ein und Problemgruppen, die ihn leben und praktizieren. „Zum Beispiel Samidoun aus dem marxistisch-leninistischen Spektrum der Terrororganisation PFLP; aus dem sunnitisch-islamischen Spektrum die Gruppen um die Terrororganisation Hamas.
Aber auch fundamentalistische Gruppen der Hizb ut-Tahrir wie Generation Islam oder Realität Islam, die sind in der Anmutung supermodern und gleichzeitig fundamentalistisch. Dann das ganze Spektrum des Irans mit dem Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) als operatives Zentrum. Man hat versäumt beim Umgang mit diesen Gruppen, die Spreu vom Weizen zu trennen.“
Auch bei islamischen Verbänden nicht weiter wegschauen
Volker Beck weiter: „Die Islampolitik aller 16 Bundesländer ist gescheitert. Nehmen Sie Ali Erbaş, den Chef der Diyanet, in dessen Auftrag weit mehr als 1000 Imame in Moscheen in Deutschland predigen. Er hat in seiner Freitagspredigt, Israel einen „rostigen Dolch im Herzen der islamischen Geographie“ bezeichnet. Das ist eine Auslöschungsphantasie. Einen „rostigen Dolch“, um beim Bild zu bleiben, reißt man schließlich raus.
Die DITIB ist von Ankara gesteuert. Das ist spätestens seit 2016 allgemein bekannt. Ohne, dass etwas passiert ist. Die Religionspolitik aller Parteien schaut bei solchen Problemfällen um des lieben Friedens willen gern weg. Das darf so nicht weitergehen. Auch bei Millî Görüş (IGMG), die von dem Antisemiten Erbakan gegründet wurde, und den Grauen Wölfen der ATIB werden übrigens Diyanet-Imame eingesetzt.“ DT/mee
Der Präsident der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ Volker Beck im großen „Tagespost“-Interview. Lesen Sie den ganzen Text in der Ausgabe vom 2. November 2023.