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Der Kämpfer, der Aufrechte, der Überlebende

Donald Trump ist nun das Opfer, als das er sich bislang immer inszenierte: Die auf ihn gerichteten Schüsse bei einer Kundgebung überlebt er leicht verletzt. Die Reihen hinter ihm werden sich noch enger schließen.
Donald Trump wird nach Attentat in Sicherheit gebracht
Foto: IMAGO/Artem Priakhin (www.imago-images.de) | Die Bilder des am Ohr blutenden, aber mit kämpferisch emporgereckter Faust von seinem Sicherheitspersonal von der Bühne eskortierten Trump werden schon jetzt in die Geschichte eingehen.

Amerika im Schockzustand: Donald Trump, der in der kommenden Woche offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt werden soll, ist bei einer Wahlkampfkundgebung im US-Bundesstaat Pennsylvania Opfer eines Schusswaffen-Attentats geworden. Das FBI stuft die Tat als Mordversuch ein. Die gute Nachricht: Trump wurde scheinbar nur leicht am Ohr verletzt, seine Termine, allen voran den am Montag beginnenden Parteitag, will er wie geplant wahrnehmen. Durch die Schüsse starb allerdings ein Zuschauer, zwei weitere wurden verletzt. 

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Der Täter, ein 20-Jähriger Mann aus Pennsylvania, wurde noch am Tatort von Agenten des Secret Service erschossen. Zum mutmaßlichen politischen Hintergrund der Tat liegen bislang noch keine Erkenntnisse vor, die Ermittlungen laufen. Führende Politiker in den USA wie auch im Ausland verurteilten die Tat, allen voran US-Präsident Joe Biden, der in einer im Fernsehen übertragenen Rede erklärte, in Amerika sei kein Platz für derartige Gewalt. Biden soll mit Trump auch persönlich telefoniert haben.

Die Bilder werden in die Geschichte eingehen

Sucht man nach Präzedenzfällen, muss man weit in der amerikanischen Geschichte zurückgehen: 1981 wurde der damalige Präsident Ronald Reagan vor einem Hotel in Washington von einem Querschläger getroffen, nachdem ein Attentäter sechs Schüsse abgefeuert hatte, überlebte aber nach einer Notoperation. Der letzte Präsidentschaftskandidat, der Opfer eines Schusswaffenattentats wurde, war George Wallace im Jahr 1972. Der Gouverneur von Alabama erlitt Verletzungen, die ihn für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl banden. Atmosphärisch werden Erinnerungen an den Wahlkampf von 1968 wach: Damals war die US-Gesellschaft angesichts des Vietnamkriegs und der Bürgerrechtsbewegung tief zerrissen, die Gefahr politischer Gewalt schien allgegenwärtig, der demokratische Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy fiel ihr schließlich bei einem Attentat zum Opfer.

Welche Auswirkungen der Anschlag auf Trump auf den Wahlkampf haben wird, darüber lässt sich am Tag danach nur mutmaßen. Amerika steht zunächst einmal unter Schock. Die Bilder des am Ohr blutenden Trump, der mit zwei leuchtend roten Striemen auf der Wange, aber kämpferisch emporgereckter Faust von seinem Sicherheitspersonal von der Bühne eskortiert wird, werden schon jetzt in die Geschichte eingehen. Trump, dem man nur wünschen kann, keine ernsthaften Verletzungen davongetragen zu haben, muss sich nun erstmals nicht mehr als Opfer inszenieren – er kann diesen Status tatsächlich für sich beanspruchen. Die Reihen dürften sich in der Folge noch enger hinter ihm schließen. Er ist jetzt der Kämpfer, der Aufrechte, ja der Überlebende, den selbst die auf ihn gerichteten Schüsse nicht niederstrecken konnten. Eine Heldenerzählung, die perfekt in sein Selbstbild passt.

Republikaner gießen Öl ins Feuer

Es versteht sich von selbst: Egal, wie heftig die Ablehnung des politischen Gegners ausfällt, wie tief die Gräben sind, die politische Auseinandersetzung darf nicht mit Hass, Gewalt und Gewehren geführt werden. Alle sollten den Anlass nutzen, um innezuhalten, auch rhretorisch abzurüsten und trotz aller Differenzen ein Mindestmaß an Anstand und Respekt im Umgang miteinander einzuhalten. Da hilft es nicht, wenn manche republikanischen Parteifreunde Trumps schon wenige Stunden nach dem Attentat den Demokraten eine Mitschuld attestieren, wie es die Senatoren J.D. Vance und Marco Rubio getan haben. Damit gießen sie nur weiter Öl in das Feuer, das Radikale auf beiden Seiten, aber eben auch die Republikaner und ihr ehemaliger Präsident in den letzten Jahren bereitwillig angefacht haben.

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