Das sogenannte „Unwort des Jahres“ 2023 in Deutschland lautet „Remigration“. Das gab die aus sechs Personen bestehende „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“ am Montag in Marburg bekannt.
Das Wort sei, so begründete die Jury ihre Entscheidung, bei rechten und rechtsextremen Gruppen zu einem „Euphemismus für die Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte geworden“. Zudem werde das Wort als „rechter Kampfbegriff“ benutzt. 2022 war die Wahl auf „Klimaterroristen“ gefallen.
Die Jury entscheidet nach politischem Gusto, nicht nach Mehrheitsempfinden
Das „Unwort des Jahres“ wird in Deutschland bereits seit 1991 gekürt – allerdings lediglich bis 1994 tatsächlich von der „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS). Denn nach einem Konflikt mit dem Vorstand der GfdS machte sich die Jury als „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“ selbständig – und wählt in puncto „Unwort des Jahres“ laut eigenen Angaben lediglich aus Begriffen und Formulierungen aus, die gegen die „Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie“ verstoßen, die „gesellschaftliche Gruppen diskriminieren“ oder die „euphemistisch, verschleiernd oder irreführend“ sind.
Zudem werde zwar auf Grundlage von aus der Bevölkerung eingesandten Vorschlägen Entscheidungen zur Findung des jährlichen „Unwortes“ getroffen – die Menge der Vorschläge für ein einzelnes Wort spielt bei der Kür des Siegers jedoch explizit keine Rolle.
Wortfindungen für die rot-grüne Blase
Mit diesem Vorwissen im Hinterkopf ist es möglich, die alljährlichen „Unwort“-Krönungen sowie die mediale Aufmerksamkeit, die diese jedes Jahr generieren, richtig einzuordnen: Nämlich als die Privatmeinungen einer lediglich sechs Personen starken, keinerlei politisch oder institutionell legitimierten Jury, die sich anmaßt, über vermeintlich gute oder schlechte Wörter den Daumen heben beziehungsweise senken zu können.
Klar ist: Sicherlich taugt das Wort „Remigration“ nicht zuletzt angesichts der aktuellen Debatte um das Treffen rechtsextremer Aktivisten in Potsdam mit dem Ziel, massenweise und ohne Ausnahme Menschen mit nichtdeutschen Wurzeln des Landes zu verweisen, durchaus als Kandidat für ein mögliches, näher zu bestimmendes „Unwort“. Doch angesichts der getroffenen Vorabauswahlkriterien möglicher „Unwort“-Findungen ist es voraussehbar, dass so oder so ein solches „Unwort“ eher auf Begriffe beziehungsweise Formulierungen fällt, die rot-grüne Befindlichkeiten tangieren.
Wirkliche Unworte
Deswegen ist es unausweichlich, dass Wörter, die eine große Bevölkerungsmehrheit tatsächlich in Wallung geraten lassen – wie „Ampel“ oder „Heizungsenergiegesetz“ – aus Gründen der Political Correctness niemals in die engere Auswahl der Jury kommen werden. Angesichts der volatilen Stimmung im Lande und der von mehr als 75 Prozent der Deutschen kritisch gesehenen Politik der Bundesregierung kommt einem ein weiteres „Un“-Wort in den Sinn: Unding.
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