Der US-Amerikaner David Bennett, dem Ärzte des Medicial Center der University of Maryland (UMMC) Anfang Januar im Rahmen einer weltweit aufsehenerregenden, achtstündigen Operation das Herz eines genetisch modifizierten Schweins transplantiert hatten, ist tot. Das teilte das UMMC am Mittwoch (Ortszeit) mit. Zu der genauen Todesursache machte die Klinik bisher keine Angaben. Der Zustand des 57-Jährigen habe sich schon einige Tage zuvor verschlechtert, nachdem er zuvor lange Zeit stabil gewesen sei.
Laut dem UMMC litt der 57-Jährige an einer Herzinsuffizienz im Endstadium. Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei er für eine Transplantation mit einem menschlichen Spenderherz nicht in Frage gekommen. Bennett habe deshalb vor der Wahl gestanden, entweder zu sterben oder diese Operation durchführen zu lassen. Die US-Aufsichtsbehörde FDA hatte der Klinik für den Eingriff, der trotz des Todes des Patienten bereits als „Meilenstein“ in der Geschichte der Transplantationsmedizin gilt, eine Notfallgenehmigung erteilt.
„Unbezahlbare Einblicke“
Dass David Bennett tot ist, wird Transplantationschirurgen nicht davon abhalten, weitere Operationen mit genetisch veränderten Schweineherzen durchzuführen. Die Branche hat Blut geleckt – und das im wahrsten Sinne des Wortes: „Wir haben unbezahlbare Einblicke bekommen und gelernt, dass ein genetisch verändertes Schweineherz im menschlichen Körper gut funktionieren kann, wenn das Immunsystem angemessen unterdruckt wird. Wir bleiben optimistisch und planen, unsere Arbeit mit weiteren klinischen Versuchen fortzusetzen“, zitiert das UMMC den Chirurg Muhammad Mohiuddin in einer Mitteilung der Klinik.
Andere werden versuchen, es Mohiuddin gleich zu tun. Man kann das verstehen. Allein in den USA warten jährlich rund 110.000 Patienten auf ein Spenderorgan. Rund 25 Prozent von ihnen versterben, ohne ein solches erhalten zu haben. Richtig finden muss man es deshalb nicht. Die Verlängerung des Lebens um jeden Preis ist an sich schon kritikwürdig. Sie erschwert eine gelingende Auseinandersetzung mit dem Sterben, das doch unausweichlich bleibt. Sie produziert aber auch viel vermeidbares Leiden und verschlingt Ressourcen, die andernorts nachhaltiger eingesetzt werden könnten. So etwa auf dem Feld der sträflich unterfinanzierten Palliativmedizin.
Schneller, höher, weiter
Stattdessen wird man nun versuchen, die Operationsverfahren zu verbessern und die Spendertiere zu optimieren. Wie bei einem Motor wird nun Schräubchen um Schräubchen gedreht. Tage und Stunden werden gezählt und jedes Plus als neuer Rekord verbucht werden. Schneller, höher, weiter. Doch wird damit weder der Tod besiegt noch das Sterben erleichtert. Dem Menschen wird die Medizin auf diese Weise nicht gerecht werden können. Aber wen interessiert das schon?
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