In der Debatte um die gescheiterte Wahl der von der SPD für einen Posten am Bundesverfassungsgericht nominierten Potsdamer Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf melden sich immer mehr katholische Bischöfe zu Wort. Nachdem der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch die Einmischung von Kirchenvertretern kritisiert hatte, verteidigt nun der Augsburger Oberhirte Bertram Meier die bischöflichen Äußerungen in der Causa Brosius-Gersdorf.
Gegenüber dem Ingolstädter Donaukurier erklärte Meier am Samstag: „Wir sollten als Kirche nicht Parteipolitik machen, uns nicht in Personalsachen groß einmischen. Aber wenn es um Grundsatzfragen geht, hat die Kirche meines Erachtens den Auftrag, sich einzumischen.“ Dies gelte sowohl für das Thema Migration wie auch für die Diskussion um die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts. „Da sollte es Aufgabe der Kirche sein, Kandidaten sich näher anzuschauen und dort, wo der Lebensschutz relativiert wird, eine solche Wahl zu hinterfragen“, so der Augsburger Bischof.
Einmischen, „aber nicht in einem polemischen Ton“
Gleichzeitig betonte Meier, es sei wichtig, sich in den Diskurs einzumischen, „aber nicht in einem polemischen Ton“. Er sei fest davon überzeugt, so der Augsburger Bischof, „dass dies auch weiterhin unsere Aufgabe sein wird“. Wenn es um Grundlinien geht, „da sind wir auch im ökumenischen Schulterschluss als Kirchen gefordert, klar Position zu beziehen“.
Indes hob der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz am Freitag die Bedeutung des Lebensschutzes hervor, warnte aber gleichzeitig, dieser dürfe nicht taktisch vereinnahmt und zur gesellschaftlichen Spaltung genutzt werden. „Lebensschutz ist kein Thema einzelner gesellschaftlicher Gruppen“, so Bentz in einer ausführlichen, vom Paderborner Erzbischof veröffentlichten Stellungnahme. Der Lebensschutz sei „keine konservative Position, sondern Ausdruck einer humanen, solidarischen Gesellschaft. Wer das Leben schützt, besonders dort, wo es schwach, ungeboren oder bedroht ist, stärkt das Vertrauen in eine Gemeinschaft, die sich ihrer Verantwortung nicht entzieht“.
Bentz: Lebensschutz darf kein taktisches Argument sein
Allerdings dürfe der Lebensschutz kein taktisches Argument sein. „Wer versucht, ihn für gesellschaftliche Spaltung zu nutzen oder mit ihm gezielt Spannungen zu verschärfen, verfehlt seinen Sinn“, so Erzbischof Bentz. Wer den Lebensschutz instrumentalisiere, spreche am Ende „nicht mehr für das Leben, sondern nur noch gegen andere“.
Bentz nannte den Lebensschutz zudem „ein hohes Gut – aber kein einfaches“ – gerade in den fragilen Stadien am Anfang und am Ende. „Ich erlebe, wie sehr er Menschen fordert: persönlich, politisch, juristisch und auch seelsorglich. Wer ihn ernst nimmt, darf die Spannungen nicht übersehen, die daraus entstehen – in unserer Gesellschaft und in den Biografien einzelner“, betonte der Paderborner Erzbischof Bentz. Er sehe es als seine Verantwortung, „eine Überzeugung klar und eindeutig zu vertreten und zugleich die Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren, die in schwierigen Entscheidungssituationen oder herausfordernden Lebenslagen Begleitung und Orientierung brauchen“. DT/mlu
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