Gut zehn Tage nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien wird der Ruf nach einer sofortigen Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Syrien lauter, da diese die Nothilfe nach dem verheerenden Erdbeben blockieren. So forderten die drei in Damaskus residierenden Patriarchen verschiedener Kirchen jüngst erneut, die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien umgehend aufzuheben.
Humanitäre Ausnahmen von dem Embargo sind rechtlich zulässig
Das Beben mit Zehntausenden Opfern habe die Not des syrischen Volkes vervielfacht, das bereits unter der Last des Krieges, der Pandemie, der Inflation und dem Mangel an natürlichen Ressourcen, an Medikamenten und an lebensnotwendigen Gütern leide, heißt es in einer Erklärung, die auf der Facebookseite des syrisch-orthodoxen Patriarchats veröffentlicht wurde. Angesichts der dramatischen Verwüstungen im Lande appellieren die Kirchenvertreter an die Vereinten Nationen sowie die Staaten der Welt, die Sanktionen zu beenden. Die Maßnahmen seien „ungerecht“.
Die Sanktionen werden bereits seit Jahren von Hilfsorganisationen wie der Caritas scharf kritisiert, weil sie Armut und Hunger im Land eskalieren lassen. Angesichts der Lage in der syrischen Erdbebenregion fordern das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ und Projektpartner ein Ende internationaler Sanktionen. Die Unterstützung für Betroffene müsse auf diesem Wege erleichtert werden. Der Geschäftsführende Präsident von „Kirche in Not“, Thomas Heine-Geldern, appellierte an die USA und die EU, Hilfe zu erleichtern: „Es ist unsere Pflicht, der leidenden Zivilbevölkerung zu helfen. Besonders die christliche Minderheit droht zu verschwinden. In ihrem Namen bitte ich darum, den bestehenden internationalen Rechtsrahmen umzusetzen, der humanitäre Ausnahmen von dem Embargo zulässt.“
Menschen sterben, weil Geräte für Bergung fehlen
Misereor-Geschäftsführer Bernd Bornhorst plädierte dafür, die in der Katastrophenregion seit Jahren geschlossenen Grenzübergänge zwischen Syrien und der Türkei zu öffnen, damit die Erdbebenhilfe schneller umgesetzt werden könne. Kritik an den Syrien-Sanktionen durch die Europäische Union und die USA äußerte auch Malteser International.
Auch die Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity International (CSI) wendet sich an die Regierungen der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und der Schweiz mit der Aufforderung, die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien aufzuheben. In einer Erklärung des internationalen Präsidenten von CSI, John Eibner, heißt es: „In nur wenigen Stunden starben Tausende von Menschen und Zehntausende wurden in Städten obdachlos, in denen es kein funktionierendes Gesundheitssystem und kaum Strom und Treibstoff für Bagger, Bergungsgeräte und Krankenwagen gibt. Wir werden nie erfahren, wie viele Menschen unter den Trümmern sterben mussten, nur weil die Geräte für die Bergung gefehlt haben“. Eines sei sicher: „Die humanitäre Krise in Syrien war noch nie größer als heute. Die humanitäre Hilfe noch nie dringlicher!“ DT/chp
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