In Armenien spitzt sich der Konflikt zwischen der Regierung von Nikol Paschinjan, der eine endgültige Grenzeinigung mit dem feindlichen Nachbarland Aserbaidschan anstrebt, und seinen Kritikern, die ihre Hoffnung auf Russland setzen, immer mehr zu. Zuletzt wurden zwei Bischöfe der Armenisch-Apostolischen Kirche, die sich öffentlich gegen die Regierung wandten, verhaftet: Erzbischof Bagrat Galstanyan, der als moralische Führungsfigur der Opposition gilt, und Erzbischof Mikael Ajapahyan. Ihnen wird die Anstiftung zu Massenunruhen, die Vorbereitung von Terroranschlägen und die Planung des Sturzes der Regierung vorgeworfen.
Hintergrund der Kontroverse ist, dass die traditionelle Schutzmacht Russland in den vergangenen Jahren keinerlei Anstalten machte, Armenien gegen die anhaltende Aggression Aserbaidschans zu verteidigen. Obwohl Moskau „Friedenstruppen“ in der Region unterhält, konnte Aserbaidschan die armenische Region Berg-Karabach (Arzach) militärisch einnehmen und die dortigen Armenier vollständig vertreiben. Die Regierung Paschinjan schließt daraus, dass niemand Armenien im Konfliktfall verteidigen würde, weshalb man sich mit Aserbaidschan auch zu ungünstigen Bedingungen verständigen müsse. Seine Kritiker dagegen wollen Armenien stärker an Moskau binden.
Katholikos Karekin II., das Oberhaupt der Armenisch-Apostolischen Kirche, rief die Gläubigen nun auf, für den Frieden im Land und für die Inhaftierten zu beten. Die Anschuldigungen der Behörden seien haltlos und die Verhaftungen nicht gerechtfertigt. (DT/sba)
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