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Angriff auf die Gewaltenteilung in Kolumbien

Schlagabtausch zwischen Staatspräsident Petro und dem Generalstaatsanwalt, nachdem Petro behauptet hatte, „Vorgesetzter der Generalstaatsanwaltschaft“ zu sein.
Kolumbiens Präsident Petro
Foto: Paul White (AP) | Gustavo Petro scheint inzwischen einzulenken. In einer Erklärung stellte der Staatspräsident fest, dass er die Forderung des Obersten Gerichtshofs akzeptiere und auch die Autonomie und Unabhängigkeit der ...

Der Generalstaatsanwalt Kolumbiens Francisco Barbosa hat angekündigt, dass seine Familie das Land verlassen werde – aus Angst, dass sie umgebracht werde. Barbosa erklärte dies im Rahmen einer öffentlichen Stellungnahme, von der eine fünfminütige Fassung in den Sozialen Netzwerken zu sehen ist. Damit reagierte er auf einen Tweet des kolumbianischen Staatspräsidenten Gustavo Petro, in dem dieser Barbosa drohte: „Der Staatsanwalt vergisst, dass ich das Staatsoberhaupt, und deshalb sein Vorgesetzter bin“.

„Das Ende des Rechtsstaates in Kolumbien“

Die Vorgeschichte des Schlagabtausches: Am 26. April teilte Petro auf dem Kurzmitteilungsdienst „Twitter“ eine Behauptung des Internetportals „La Nueva Prensa“, wonach Staatsanwalt Daniel Hernández angeblich eine Reihe von Morden vertuscht habe, die vom sogenannten „Clan del Golfo“ begangen worden seien. Der Generalstaatsanwalt gab Hernández Rückendeckung und verbat sich die Einmischung des Staatspräsidenten in die Arbeit der Staatsanwaltschaft.

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In der eingangs erwähnten Stellungnahme stellte Francisco Barbosa nun fest: „Er ist weder mein Vorgesetzter noch der Leiter der Staatsanwaltschaft. Er hat eine Reihe Befugnisse und ich habe andere. Ich wurde vom Obersten Gerichtshof gewählt.“ Der Versuch Petros, in die Staatsanwaltschaft einzugreifen, bedeute „das Ende des Rechtsstaates in Kolumbien“. Der Präsident sollte lieber die Verfassung Kolumbiens lesen, als Tweets abzusetzen. Denn Gustavo Petro „wurde zum Präsidenten der Republik, nicht zum Diktator in Kolumbien gewählt.“ Der Generalstaatsanwalt sei sich dessen bewusst, dass seine Stellungnahme „Folgen gegen mein Leben“ haben könne. „Ich mache Gustavo Petro dafür verantwortlich, dass ich oder meine Familie nach diesen Äußerungen in Kolumbien ermordet werden könnten.“ Deshalb habe er entschieden, dass seine Familie das Land verlasse.

Der Präsident des Obersten Gerichts Kolumbiens, Fernando Castillo Cadena, hat sich ebenfalls im Sinne des Generalstaatsanwalt geäußert: „Der Oberste Gerichtshof nimmt mit großer Besorgnis die falsche Auslegung des Artikels 115 der Verfassung zur Kenntnis, die in den letzten Stunden vom Präsidenten der Republik vorgenommen und verbreitet wurde, da sie die richterliche Autonomie und Unabhängigkeit, die Gründungsklausel der kolumbianischen Demokratie und die Säule des sozialen Rechtsstaates, ignoriert“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme.

Generalstaatsanwalt hat keinen hierarchischen Vorgesetzten

Castillo Cadena weist darauf hin, dass „der Generalstaatsanwalt, der im Rang eines Richters des Obersten Gerichtshofs steht, keinen hierarchischen Vorgesetzten hat und vom Obersten Gerichtshof aus einer vom Präsidenten der Republik aufgestellten Liste ausgewählt wird. Er ist ein Beamter, dessen Aufgaben durch die Rechtsordnung im Rahmen der Unabhängigkeit der Justiz klar geregelt sind.“

Gustavo Petro scheint inzwischen einzulenken. In einer Erklärung stellte der Staatspräsident fest, dass er die Forderung des Obersten Gerichtshofs akzeptiere und auch die Autonomie und Unabhängigkeit der Generalstaatsanwaltschaft und aller Staatsorgane respektiere. Allerdings weist er darauf hin, dass „die verschiedenen Zweige der Staatsgewalt, insbesondere das Präsidium der Republik und die Generalstaatsanwaltschaft, harmonisch zusammenarbeiten müssen.“ Ob Petros Beschwichtigung Generalstaatsanwalt Barbosa beruhigen wird, bleibt abzuwarten.  DT/jg

 

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