Forum Madrid

„Forum Madrid“: Nicht ganz Lateinamerika ist links

Das „Forum Madrid“ stellt ein Gegengewicht zur dominierenden Weltanschauung bei vielen Regierungen Lateinamerikas dar.
Santiago Abascal, Vorsitzender der Partei Vox
Foto: Marta Fernández Jara (EUROPA PRESS) | Santiago Abascal, Vorsitzender der spanischen nationalkonservativen Partei Vox, engagiert sich neben zahlreichen weiteren spanischsprachigen Politikern im „Forum Madrid“.

Nach dem Fall der Berliner Mauer gründeten im Jahre 1990 Fidel Castro und der jetzige Präsident Brasiliens, Luiz Inacio Lula da Silva, Gründer der Arbeiterpartei (PT) und damaliger Gewerkschaftsführer, das sogenannte „Forum São Paulo“ mit dem erklärten Ziel, nach dem Mauerfall neue Strategien für die politische Linke zu entwickeln. An der ersten Versammlung nahmen etwa 60 Parteien teil - zurzeit gehören dazu circa 120 Parteien aus 25 Ländern. Auf seinem Höhepunkt in den Jahren 2008 und 2009 zählte das Forum unter seinen Mitgliedern die Parteien, die in Brasilien, Argentinien, Bolivien, Venezuela und Ecuador den jeweiligen Präsidenten stellten. Die verlorenen Wahlen in einigen dieser Länder führte aber dazu, dass bis 2018 die Hälfte der Parteien austraten.

Ein Gegenentwurf zum linken „Forum São Paulo“

Konservative warnen vor dem linken Forum, in dem neben dem „Kampf gegen den Imperialismus als politischen und militärischen Ausdruck der transnationalen Konzerne und des Kapitals, als gemeinsamen Feind unserer Völker“ auch der „Kampf gegen Patriarchat, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Kriminalisierung von Migration und generell gegen jede Form von Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung“ angestrebt wird.

Immerhin: Die Abkehr linker Politiker vom venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro – Chiles Präsident Gabriel Boric bezeichnete Maduros Politik als „gescheitert“; Pedro Castillo, Präsident von Perú, sprach sich ebenfalls gegen ihn aus und auch Kolumbiens Präsident Gustavo Petro distanzierte sich von Maduros Diktatur, obwohl der linke Politiker immer wieder mit dem venezolanischen Regime in Verbindung gebracht wird - spricht für eine Neuausrichtung des „Forums São Paulo“ oder für eine Alternative dazu. Die Plattform „Infobae“ zitiert Gabriel Boric: „Ich hoffe, dass ich mit Lucho Arce in Bolivien zusammenarbeiten kann, und auch mit Lula. Ich hoffe ebenfalls, die Erfahrung von Gustavo Petro zu nutzen, wenn er sich in Kolumbien konsolidiert. Ich glaube, dass dadurch eine sehr interessante Achse entstehen kann.“ Dennoch gilt das „Forum São Paulo“ als „die größte politische Organisation auf dem lateinamerikanischen Kontinent“, so der brasilianische konservative Schriftsteller Olavo de Carvalho. „Ich glaube nicht, dass es woanders eine Organisation gibt, die 200 politische Parteien und dazu noch Drogenhändler- und Entführer-Ringe zusammenbringt.“

Als Gegengewicht zur linken Ausrichtung des „Forum São Paulo“ wurde im Oktober 2020 sowohl von spanischen Politikern (wie beispielsweise von der Partei „Vox) als auch von konservativen Politikern aus Lateinamerika das „Forum Madrid“ ins Leben gerufen, als laut eigenen Angaben „internationales Bündnis von führenden Persönlichkeiten, Organisationen und Parteien, die Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit angesichts des Vormarschs der extremen Linken in Ländern auf beiden Seiten des Atlantiks verteidigen.“ In der sogenannten „Madrider Charta“ heißt es: „Das Vordringen des Kommunismus stellt eine ernsthafte Bedrohung für den Wohlstand und die Entwicklung unserer Nationen sowie für die Freiheiten und Rechte unserer Landsleute dar.“ Wesentliche Elemente für die eine funktionierende Demokratie seien „Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, freie Meinungsäußerung und Privateigentum“. Sie sollten „besonders gegen diejenigen geschützt werden, die versuchen, sie zu untergraben.“ Die Verteidigung der Freiheiten sei freilich eine Aufgabe nicht nur für die Politik, „sondern auch für Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft usw. Die Zukunft der lateinamerikanischen Länder müsse auf der Achtung der Demokratie, der Menschenrechte, des Pluralismus, der Menschenwürde und der Gerechtigkeit“ beruhen.

Kommunismus noch immer eine Gefahr

Das Forum bietet einerseits Länderberichte über die Lage in (bislang) Brasilien, Chile, Kolumbien, Nicaragua und Honduras. Über Honduras heißt es beispielsweise: “Wie Chávez schlägt auch Xiomara Castro die Bildung einer verfassungsgebenden Nationalversammlung vor, die einen neuen Sozialpakt ausarbeiten soll, der in der neuen Verfassung verankert wird.“

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Im Februar 2022 veranstaltete das „Forum Madrid“ ein erstes Treffen in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. In einer Schlusserklärung hieß es: Es sollen Verbündete gewonnen werden, „um die Pläne des kommunistischen Castro-Blocks auf dem Kontinent anzuprangern, und gleichzeitig entsprechend zu handeln, um ihnen entgegenzuwirken.“ Dazu sei die Förderung von Projekten geeignet, „die der Verbreitung und Konsolidierung der westlichen jüdisch-christlichen Kultur auf beiden Seiten des Atlantiks dienen, angesichts des Ansturms des marxistischen Kulturkriegs, der die Grundlagen unserer Zivilisation zu zerstören versucht.“

Ein Jahr später fand das zweite Treffen des Forums vom 29. bis 30. März in Lima statt: Im Vorfeld der Veranstaltung hatten mehr als hundert Abgeordnete aus 14 lateinamerikanischen und europäischen Ländern über das „Forum Madrid“ dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Luis Almagro einen Brief zukommen lassen, in dem sie „einen von außerhalb des Landes gesteuerten Destabilisierungsprozess“ gegen Peru anprangern. Eine wichtige Rolle spiele dabei Evo Morales, sagten sie. Sie fanden „das Verhalten vermeintlich demokratischer Regierungen – etwa von Argentinien, Bolivien, Chile, Kolumbien, Honduras und Mexiko – bedenklich, die diese Destabilisierung dadurch unterstützen, dass sie fälschlicherweise behaupten, Pedro Castillo sei Opfer eines Staatsstreichs geworden.“

In Lima besuchte eine zum „Forum Madrid“ gehörende Delegation von Parlamentsmitgliedern aus verschiedenen Ländern – Spanien, Chile, Honduras, Paraguay, Kolumbien, Bolivien und Argentinien – das peruanische Parlament, um den vom „Forum São Paulo“ betriebenen Plan zur Destabilisierung Perus anzuprangern. Die Parlamentarier bekundeten ihre Unterstützung „für die Institutionen, die Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in Peru angesichts dieser linken Offensive verteidigen.“ Ihrer Meinung nach zeigten drei Ereignisse, dass die linke Ideologie in Lateinamerika besiegt werden kann: Das Scheitern der vorgeschlagenen neuen Verfassung in Chile, die Verurteilung samt Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden, von Cristina Fernández de Kirchner in Argentinien sowie die Absetzung des Putschisten Pedro Castillo in Peru.

In der Abschlusserklärung versprachen die Teilnehmer des Treffens in Lima, sich für die Freilassung aller politischen Gefangenen in Bolivien, Kuba, Nicaragua und Venezuela einzusetzen, darunter Bischof Rolando Alvarez von Matagalpa, die ehemalige Interimspräsidentin Boliviens Jeanine Añez sowie Luis Fernando Camacho, abgesetzter Gouverneur von Santa Cruz in Bolivien. Außerdem „den Kampf der Völker unter den totalitären Regimen Kubas, Nicaraguas und Venezuelas weiterhin zu begleiten, bis sie ihre vollständige Befreiung erreichen und ihre Demokratien wiederherstellen.“

Linksregime sollen politische Gefangene freilassen

Darüber hinaus prangern sie „neue, vom Forum São Paulo entwickelte Methoden des Wahlbetrugs“ mit modernster Technologie und illegaler Finanzierung zur Verfälschung der Ergebnisse an. Sie wollen das Vorhaben des genannten Forums verhindern, die Interessen der Drogenhändler zu begünstigen. Die Erklärung endet mit den Worten: „Von Lima aus sagen wir allen Völkern der Welt, dass wir den roten Fleck, der unsere Region bedeckt, zurückdrängen werden, dass wir die Freiheiten und Rechte verteidigen werden, wo wir sie noch genießen, dass wir alle Räume der Freiheit zurückerobern werden, die uns genommen wurden.“

Klar ist: Dem von Castro und Lula gegründeten linken „Forum São Paulo“ steht nunmehr ein Verbund von Parlamentariern und Mitgliedern der Zivilgesellschaft aus etlichen Ländern Europas und Lateinamerikas entgegen – das „Forum Madrid“.

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