Der ukrainische Historiker und griechisch-katholische Priester Andriy Mykhaleyko bilanziert die Situation nach zwei Jahren Krieg in der Ukraine. „Ich hoffe auf eine Veränderung in Russland, die man nutzen müsste, um Russland seine Grenzen zu zeigen“, so Mykhaleyko. Es sei nicht klar, wie abhängig das derzeitige System von der Person Putins sei. Als Historiker hoffe er noch immer auf ein „Momentum“, in dem sich vieles ändern könne.
Pragmatische Nachbarschaft statt Aussöhnung
Laut Mykhaleyko könne Putin selbst nach einem Sieg die Ukraine nicht mehr kontrollieren. „Kein russischer Soldat oder Beamter könnte in diesem Land ruhig schlafen“, so der Priester. Es habe sich zu viel an negativen Emotionen gebildet, als dass es keinen Widerstand auf allen Ebenen geben würde. „Es bräuchte 1,5 Millionen russische Soldaten, um die Ukraine vollständig zu kontrollieren“, so Mykhaleyko. „Das kann nicht funktionieren.“
Eine Aussöhnung hält Mykhaleyko nur bei einem Schuldbekenntnis und der Offenheit für eine Wiedergutmachung vonseiten Russlands für möglich. Von den „Brüdern“ Ukraine und Russland spreche, so der Historiker, heute keiner mehr. „Das ist sowjetische Terminologie“, so Mykhaleyko. Er denke für die Zukunft eher an eine „pragmatische Nachbarschaft“, nicht an eine Aussöhnung. DT/sdu
In der kommenden Ausgabe der „Tagespost“ spricht Andriy Mykhaleyko außerdem über die Rolle und die Zukunftsaussichten der Orthodoxie in der Ukraine und Russland, sowie über die Einheit der Ukrainer seit 2014.