Eine Abtreibung hat keine wissenschaftlich nachweisbaren positive Effekte auf die Psyche ungewollt schwangerer Frauen. Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse einer neuen Studie, die das Wiener „Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik“ (IMABE) gestern veröffentlicht hat. Für die 96-seitige „qualitative Studienanalyse“, die den Titel „Schwangerschaftsabbruch und Psyche“ trägt, haben die Autoren um IMABE-Direktorin Susanne Kummer 14 Einzelstudien und Übersichtsarbeiten, die zwischen 2008 und 2018 publiziert wurden, eingehend untersucht. Dabei fanden sie zahlreiche methodische Mängel, die bis hin zur Verwechslung von „Kausalität“ und „Korrelation“ reichten und geeignet sind, die Validität der publizierten Ergebnisse zu erschüttern.
Grundsätzliches Methodenproblem
Allerdings gelte auch umkehrt: Mit „rein statistischen Methoden“ lässt sich auch nicht beweisen, „dass eine Abtreibung bei Frauen zu psychischen Schäden führt. Wie die Autoren schreiben, bedeute der „fehlende statistische Nachweis, dass eine Abtreibung die Ursache für psychische Störungen ist“, jedoch weder, „dass eine solche Störung nicht auftreten kann“, noch schließe er aus, „dass eine Frau, die abtreibt, damit rechnen muss.“ „Der Großteil seriös gemachter Studien“ zeige eine „statistisch signifikante Korrelationen zwischen Schwangerschaftsabbruch und einigen psychischen Gesundheitsproblemen.“
Wie die Autoren weiter schreiben, könne „die Wissenschaft die Frage einer Ursache-Wirkungs-Relation zwischen einem Schwangerschaftsabbruch und negativen, neutralen oder positiven Folgen für eine bestimmte Personengruppe“ aufgrund eines Methodenproblems prinzipiell nicht „endgültig beantworten“. Sogenannte „randomisierte Doppelblindstudien“, wie sie etwa bei der Prüfung von Arzneimitteln üblich sind, seien in dem Kontext von Abtreibungen und ihren möglichen Folgen für die Psyche von Frauen „praktisch nicht realisierbar“ und überdies „unethisch“. „Man müsste nämlich dafür eine Gruppe von Frauen mit gleichen Voraussetzungen und nach dem Zufallsprinzip entweder einer ‚Abtreibungsgruppe‘ oder einer ‚Geburtsgruppe‘ nach ungeplanter oder ungewollter Schwangerschaft zuweisen, ohne dass die Frau oder der Arzt wissen, wer zu welcher Gruppe gehört, um dann die Folgen zu vergleichen.“
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Wie die Autoren in ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen schreiben, hätten Frauen „ein Recht darauf, über mögliche Komplikationen, Nebenwirkungen und Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs aufgeklärt zu werden“. Auch sollte ihnen „ein sicherer Zugang zu Alternativen“ sowie im Falle einer Abtreibung eine „psychologische Nachbetreuung“ angeboten werden.
Ferner sollten „Allgemeinmediziner, Gynäkologen, Pflegekräfte und Berater von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen oder vor kurzem vornehmen haben lassen“, so geschult werden, dass sie „mögliche psychische Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs und die Risikofaktoren für negative Folgen“ erkennen könnten. „Politische Entscheidungsträger“ schließlich sollten den „Rechtfertigungsgrund ‚Schwangerschaftsabbruch zum Schutz der psychischen Gesundheit der Frau‘, überdenken“, da der sich auf keine wissenschaftliche Evidenz stützen könne. DT/reh
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